In der Vergangenheit hatten in industriellen Anwendungen große Schaltschränke das Sagen. In ihnen fanden viele Komponenten und Funktionen ihr zuhause. Was mittlerweile nicht mehr der Weisheit letzter Schluss ist. Denn der Wunsch nach mehr Flexibilität und höherer Effizienz wurde im vergangenen Jahrzehnt immer größer bei Maschinenherstellern und Fertigungsunternehmen. Durch die Unterteilung der Maschinen und Systeme in kleinere, modulare Funktionseinheiten wandern viele Schaltschrankkomponenten näher an den Prozess – mittendrin, statt nur dabei. Dezentrale Einheiten bedeutet auch, dass diese als modulare Teilsysteme einzeln montiert, getestet und betrieben werden können. Das erleichtert viele Prozesse, beispielsweise Inbetriebnahme und Instandhaltung.
Dieses Konzept ermöglicht auch spätere Erweiterungen, ein Retrofit, einen potenziellen Umzug oder Aktualisierungen, ohne das Gesamtkonzept einer Anwendung mit viel Geld und großem Aufwand ändern zu müssen. Das alles gilt grundsätzlich für alle Komponenten. Und damit auch für Schaltnetzteile. Waren sie bisher fast ausschließlich im Schaltschrank zu finden, kann jetzt die Spannungsversorgung von der Steuerung in das Maschinenumfeld verlagert werden. Was schon mal bezogen auf die Leitungsverluste sich eigentlich aufdrängt, denn je näher die Stromversorgung am Point-of-Load, also am Verbraucher, ist, umso geringer sind die Verluste.
Bei IO-Systemen hat sich mittlerweile die Schutzart IP67 (wasser- und staubdicht) durchgesetzt. Da drängt es sich förmlich auf, die damit verbundenen Vorteile auch in den Bereich der industriellen Stromversorgungen zu übertragen und im besten Fall um ein paar spezifische Funktionen zu ergänzen. So sollte die Wandlung der Netzspannung in Gleichspannung erst unmittelbar am Verbraucher erfolgen, um Energieverluste zu minimieren. Vertauschungssichere Steckverbinder reduzieren die Installationszeit gegenüber herkömmlichen Netzgeräten um bis zu 70 Prozent. Ein integrierter IO-Link Kommunikationsstandard ermöglicht umfangreiche Diagnosemöglichkeiten. Nicht zuletzt erspart die kompakte Bauweise von IP67-Schaltnetzgeräten bis zu 93 Prozent Platz (Volumen). Ist im IP67-Schaltnetzteil noch ein Kurzschluss- und Überlastschutz enthalten, entfallen im Vergleich zur IP20-Lösung ein weiteres Gehäuse, Montagematerial- und Kosten.
Ganz schön warm im Schaltschrank
Jeder kennt es, Netzteile können regelrecht Fieber bekommen. Denn die Verluste während des Betriebes müssen in Form von Wärme abgeführt werden. Das ist aber gar nicht mal so gut, denn erhöhte Temperaturen in Schaltschränken bringen Leistungseinbußen mit sich und lassen die Komponenten vorzeitig altern. Aus diesem Grund wird bei der Auslegung von Schaltschränken ein Konzept für die Wärmeableitung benötigt. Bei dezentralen Stromversorgungslösung ist das kein Thema mehr. Das Hauptproblem der Stauwärme ist durch die fehlende Umhausung nicht gegeben und ein Derating ist in der Regel nicht notwendig. Weil sich das Schaltnetzteil außerhalb eines Gehäuses befindet, wird die Wärme leichter abgeführt. Gleichzeitig kann für die SPS, Antriebe sowie weitere Schaltschrankkomponenten ein kleinerer und preisgünstigerer Schaltschrank genutzt werden. Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist ein geringerer Kühlungsbedarf sowie eine längere Lebensdauer und sinkende Betriebskosten(z. B. Stromkosten für Klimageräte). Gerade im Sommer, wo heiße Temperaturen in nicht klimatisierten Anwendungen zu Zwangsabschaltungen von Netzgeräten führen können, bieten dezentrale Netzgeräte mit großen Temperaturbereich maximale Verfügbarkeit.
Schaltnetzteil an Anwender: Mir geht’s gut
Eingebaute IO-Link-Schnittstellen ermöglichen in Netzgeräten eine umfangreiche und transparente Kommunikation zur Anbindung an die Steuerung. Ein typischer Fall von Hybridisierung. So kann das Netzgerät als IO-Link-Device mit einem übergeordneten IO-Link-Master zu Diagnose- und Wartungszwecken, zur Parametrierung und zur De- und Reaktivierung von Kanälen kommunizieren. Es besitzt Funktionen zur präventiven Wartung und liefert über verschiedene Diagnoseinformationen genaue Angaben über den Gerätestatus. Wird beispielsweise die erwartete maximale Lebensdauer bald erreicht, setzt das Gerät eine Meldung ab und kann beim nächsten Wartungszyklus ersetzt werden. Das vermeidet ungeplante und kostenintensive Stillstandzeiten. Weitere Informationen, wie Einschaltvorgänge, Auslösen der internen Sicherung oder aktuelle Stromwerte, können über die IO-Link-Schnittstelle in Echtzeit ausgegeben und über entsprechende Software ausgewertet werden.
Ich sehe was, was Du sonst nicht siehst
Es liegt doch auf der Hand: Was im Schrank versteckt ist, kann ich nicht sehen. Was draußen im Feld ist, sehe ich mitunter auf den ersten Blick. Warum dann nicht gut sichtbare Status-LEDs verbauen, die den Anwender über Status- und weitere Diagnosemeldungen direkt am Gerät informieren? LED sind prinzipiell nützlich, um auf einen Blick den Betriebszustand eines Netzgerätes zu erkennen. Sinnvoller ist jedoch, die Betrachtung der integrierten 24VDC-Lastkreisüberwachungen auf zwei Kanälen. Damit können Sensoren, Aktoren und die Feldbusmodulversorgung elektronisch überwacht werden. Dies erhöht die Maschinenverfügbarkeit, weil Strompfade im Fehlerfall kanalgenau abgeschaltet werden. Der Zustand jedes Kanals kann direkt vor Ort anhand der Status-LED erkannt und entsprechend darauf reagiert werden. Die Granularität der Kanäle verkürzt des Weiteren die Stillstandzeiten. Wird etwa die Aktorversorgung unterbrochen, z. B. durch Kurzschluss, Überlast oder Kabelbruch, kann ein angeschlossenes Feldbusmodul über den anderen Kanal weiter versorgt werden, beispielsweise über die Sensor- und Modulversorgung. Fehlermeldungen und Diagnoseinformationen werden dann über IO-Link oder den digitalen Alarmkontakt abgesetzt. Dadurch kann ein Service-Einsatz unmittelbar geplant werden. Mehrfache Anfahrten zur Behebung unterschiedlicher Störungen entfallen so zugunsten einzelner präventiver Serviceintervalle.
Die Netzgeräte der Emparro67-Familie von Murrelektronik sind prädestiniert für die dezentrale Stromversorgung, für die sie viele wichtige Vorteile bieten: Die IP67-Schaltnetzteile erfordern keinen Klemmkasten, können im Feld direkt neben den Verbrauchern einfach installiert werden und sparen damit Platz, Energie und Montagekosten. Der mögliche Einsatz von Kabeln mit geringerem Querschnitt senkt die Materialkosten erheblich. Plug-and-Play-Installationen vereinfachen die Verkabelung und schließen Verdrahtungsfehler nahezu aus. IP67-Schaltnetzteile bieten einen Zusatznutzen bei Diagnose und Wartung, zugleich erleichtert das dezentralisierte Stromversorgungskonzept eine mögliche später notwendige Erweiterung. Last, but not least gibt die IO-Link-Kommunikation dem Anwender einen umfassenden Einblick über den aktuellen Status der Maschine oder Anlage, während die integrierte Lastkreisüberwachung eine maximale Maschinenverfügbarkeit und Selektivität gewährleistet.