TR: Herr Juchheim, wie ist JUMO durch das schwierige Jahr 2009 gekommen und was erwarten Sie vom laufenden Geschäftsjahr?
Juchheim: Die JUMO-Unternehmensgruppe musste insgesamt mit zweistelligen Umsatzrückgängen kämpfen. Jedoch gab es auch positive Entwicklungen in 2009, insbesondere in unseren Tochtergesellschaften China, Spanien und Polen. Speziell in dem Geschäftsbereich Wärmemengenzähler konnten wir auch im vergangenen Jahr sehr gute Wachstumsraten erzielen. Die größten Einbrüche erlitten wir hingegen in dem Bereich Elektronik. Das neue Geschäftsjahr 2010 hat für JUMO sehr gut begonnen. Viel Vorarbeit hierzu wurde bereits im verstrichenen Jahr geleistet. Unsere Erwartungen und Prognosen deuten auf ein gutes Wachstum - für die gesamte JUMO-Gruppe - hin. In den Bereichen Sensoren für Temperatur und Druck erwarten wir sogar ein zweistelliges Wachstum für 2010.
TR: Worin sehen Sie die Gründe für den im Vergleich zu anderen in diesem Umfeld tätigen Unternehmen eher moderaten Umsatzrückgang, der ja teilweise fast doppelt so hoch ausfiel?
Juchheim: Ich werde oft gefragt, wer unser Hauptwettbewerber ist. Diese Frage kann man nicht so einfach beantworten, da JUMO ein so großes Produktportfolio besitzt, wie keine andere Firma in dem Sektor Mess- und Regeltechnik bzw. Automation. Der Grund für den moderaten Umsatzrückgang ist ein Mix aus unserem gut aufgestellten und umfassenden Produktspektrum, unserer starken Vertriebsstruktur und der daraus folgenden Kundennähe sowie unserer Corporate Culture. Bei uns steht der Kunde immer im Mittelpunkt unseres Handelns, ganz gleich, ob es um umfassende Beratung, individuelle Produktentwicklungen oder effizienten After-Sales-Support geht: Bei JUMO bekommt er alles aus einer Hand. So wurde bei JUMO im vergangenen Jahr auch ganz bewusst auf Kurzarbeit in den Bereichen Vertrieb und Entwicklung verzichtet!
TR: Sie haben 13 Jahre lang die JUMO-Tochtergesellschaft in den USA geleitet. Wie unterscheidet sich der amerikanische Markt vom europäischen und was haben Sie persönlich für Ihre jetzige Tätigkeit in der JUMO-Zentrale aus dieser Zeit mitgenommen?
Juchheim: Der amerikanische Markt ist emotionaler und kundenorientierter bzw. -näher als der europäische Markt und das Medium Internet ist im B2B-Bereich eine reine Selbstverständlichkeit. Ingenieure in den USA gehen meistens praktischer an neue Projekte ran als Ingenieure in Deutschland. Der US-Ingenieur hat die Einstellung, Sachen einfach mal auszuprobieren und dann zu schauen was passiert. Der deutsche Ingenieur möchte hingegen zunächst alle Eckpunkte theoretisch abgesteckt haben. Darüber hinaus ist der amerikanische Markt auch geografisch eine ganz andere Herausforderung. Ganz persönlich habe ich eine grundsätzlich starke Kundenorientierung, die Offenheit zu anderen Kulturen und einen guten Mix aus Praxisorientierung und guter deutscher Gründlichkeit aus meiner Zeit in den USA mitgenommen.
TR: Für dieses Jahr hat JUMO das Motto „More than sensors + automation“ ausgerufen. Was steckt hinter diesem neuen Slogan?
Juchheim: Der neue Slogan soll zum Ausdruck bringen, dass JUMO immer einen Mehrwert gegenüber dem Wettbewerb bietet, das heißt zum Beispiel, dass bei JUMO die Kundennähe gelebt wird und auf jegliche Bedürfnisse der Kunden eingegangen wird. Wir sehen uns als leistungsstarken Partner in den Bereichen Sensorik und Automatisierungstechnik. Gerade Neukunden sind über unser Produktportfolio und unsere Leistungen erstaunt. Ich sage dann immer gerne, dass JUMO mehr als erwartet leistet. Man könnte sogar soweit gehen und sagen, dass teilweise Kunden auf uns zukommen, weil der Wettbewerb schlechten Service bietet. Wir sind einfach besser in allen Umfängen des Verkaufs- und Produktzykluses. Dies haben wir uns mit dem neuen Motto auf die Fahne geschrieben.
TR: Welche Produktneuheiten erwarten die Besucher des JUMO-Standes auf der HANNOVER MESSE?
Juchheim: In diesem Jahr zeigt JUMO wieder einmal mehr die Innovationskraft des Unternehmens. Insgesamt werden wir unseren Besuchern 16 neue Produkte präsentieren. Hierbei handelt es sich um Sensor- und Automatisierungslösungen für die unterschiedlichsten Branchen und Anwendungsgebiete. Diese Innovationskraft bietet unseren Kunden wiederum einen Mehrwert, getreu unserem eben bereits erwähnten Slogan "More than sensors + automation". Prozesssicherheit, Energieeffizienz und Kostenoptimierung sind die Anforderungen, die unsere Kunden an unsere Produktlösungen stellen und genau diese Schlagworte sind Ausgangspunkt für jede unserer Produktneuentwicklungen. Als Beispiele wären hier unter anderem unser neuer Weitbereichsleitfähigkeitssensor JUMO tecLine LF 4P zu erwähnen, der einen Messbereich von 1µS/cm...600mS/cm abdeckt. Anstatt zwei oder noch mehr Messstellen ist jetzt nur noch eine Messstelle erforderlich. Die Zeiten für die Inbetriebnahme und die Wartung der Messstelle werden somit auf ein Minimum reduziert. Und das spart unseren Kunden letztendlich bares Geld. Die neue Thyristorstellerbaureihe TYA-200 bietet ähnliche Einsparpotenziale. Denn neben dem standardmäßigen Display und dem Mini-USB-Anschluss, der eine direkte Konfiguration des Gerätes ohne externe Stromversorgung ermöglicht und somit die Inbetriebnahmezeiten reduziert, steht standardmäßig ein "Duales Energiemanagement" zur Verfügung. Diese Funktion koordiniert die Leistungsabgabe des Thyristorstellers und hilft, teure Energiespitzen zu vermeiden. Der notwendige Energieeinsatz an der Anlage des Kunden wird somit auf Dauer deutlich gesenkt.
TR: Bei der großen Messevielfalt auf nationaler und internationaler Ebene: Welche Bedeutung nimmt die HANNOVER MESSE heute für JUMO noch ein?
Juchheim: JUMO stellt bereits ohne eine einzige Unterbrechung seit 61 Jahren auf der Hannover Messe aus. Die Veranstaltung ist fest in unserem Jahreskalender verankert und jedes Jahr aufs Neue die wichtigste Technologieplattform für unser Unternehmen und unsere Produkte. Der Messestandort Deutschland und gerade die Hannover Messe haben für Unternehmen aus unserer Branche einen hohen Stellenwert. Die in den letzten Jahren wachsenden Besucherzahlen auf unserem Stand bestätigen diesen Trend. Allerdings nimmt JUMO auch an vielen Messeveranstaltungen auf internationaler Ebene teil. Diese Teilnahmen reichen von den USA im Westen hinweg über Europa bis nach Indien und China im Osten. Jedes Land hat dabei zwar seine landesspezifischen Eigenheiten, doch die Resonanzen und Erfolge sind in der Summe gesehen durchweg als positiv zu beurteilen.
TR: Herr Juchheim, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Zahlen & Fakten zu JUMO
Gründung: 1948
Mitarbeiter: 1.670 (Stand Dezember 2009)
Umsatz 2009: 140 Mio. Euro
Firmenzentrale: Fulda, Deutschland auf allen fünf Kontinenten mit Tochtergesellschaften vertreten
Hauptproduktlinien: Messwertgeber für Temperatur und Feuchte, Platin-Temperatursensoren, Thermostate und Zeigerthermometer, Regler, Steller, System- und Registriertechnik, Analysen- und Druckmesstechnik, Metalltechnik und elektronische Baugruppen
Carsten Juchheim
Geschäftsführender Gesellschafter der JUMO GmbH & Co. KG
- von JUMO GmbH & Co. KG
- April 8, 2010
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