Während früher Roboter überwiegend in der Automobilbranche eingesetzt wurden, durchdringen diese nun auch immer mehr andere Branchen und unterstützen bei der Automatisierung von Fertigungsprozessen. Sie zählen heute zum festen Bestandteil des Sinnbilds einer modernen Fabrik. Laut der International Federation of Robotics (IFR) hat sich innerhalb von zehn Jahren die Zahl der weltweit installierten Industrieroboter mehr als verdreifacht. Aktuell werden weltweit fast 400.000 Industrieroboter pro Jahr installiert. Und die Anforderungen an die Roboter werden immer größer. Sie verrichten längst nicht nur eintönige Bewegungsabläufe, sondern ermöglichen über den Anschluss an das Datennetzwerk einen Zugriff, der beispielsweise für die Prozessüberwachung oder Fernwartung erforderlich ist. Um eine nahtlose Daten-Kommunikation der Feedback-Schleifen zwischen Sensorik am Roboterarm, dem „Robotersystem/-Steuerung“ sowie deren Anbindung an die Steuerungsebene zu gewährleisten, werden Industrieprotokolle wie PROFIBUS und PROFINET verwendet. Die notwendige Verkabelung für die Netzwerkkommunikation erfolgt hierbei mithilfe von flexiblen ETHERLINE Datenleitungen.
Die meist raschen Bewegungsabläufe der Roboterarme im dreidimensionalen Raum sind vor allem für die Verkabelung - von der Inbetriebnahme des Roboters bis hin zum letzten durchlaufenen Zyklus - eine große mechanische Belastung. Diese bringt insbesondere Ethernet-Datenleitungen an ihr Limit: Bei horizontalen Linearbewegungen kombiniert mit Torsion sind die gängigen Ethernetleitungen der Belastung oft nicht gewachsen.
Unterschiedlicher Aufbau der Leitungen
Der Grund liegt im Aufbau der Leitungen. Wegen der paarverseilten Adern, doppelter Schirmung, sowie für die erfolgreiche Datenkommunikation kritischen Übertragungsparameter gehören sie zu den technisch anspruchsvolleren Leitungen. Oftmals müssen sich Konstrukteure von Roboteranwendungen zwischen Datenleitungen entscheiden, die entweder für lineare, horizontale Verfahrwege - wie sie typischer Weise in Schleppketten vorkommen - oder aber für torsionale Bewegungsabläufe konzipiert sind. Je nach Bewegung ist ein unterschiedlicher Aufbau im Innenleben der Leitungen erforderlich. Schlaglängen innerhalb der Aderpaare müssen genau eingehalten und aufeinander abgestimmt werden. Aneinander liegende Aderpaare dürfen sich nicht gegenseitig behindern, Störsignale müssen unterbunden werden. Während bei Kabeln und Leitungen für horizontale Verfahrwege vorzugsweise relativ kurze Schlaglängen gewählt werden, um geringere Biegeradien in der Schleppkette zu erreichen, werden bei Torsionsleitungen vorrangig lange Schlaglängen gewählt. Das Problem: In ihrem Bewegungsablauf verbinden Roboteranwendungen horizontale Linearbewegungen mit torsionaler Belastung. Eine Vielzahl der gängigen Ethernetleitungen ist dieser kombinierten Belastung nicht in einem ausreichenden Maße gewachsen.
Neuer Standard bringt Klarheit
Das Resultat waren zahlreiche, nicht aufeinander abgestimmte und proprietäre Verständnisse von einer „Robotertauglichkeit“ bei Ethernet Leitungen im Markt. Diesem Umstand hat sich die PROFINET Nutzerorganisation angenommen und erarbeitete in enger Abstimmung mit der AIDA (Automatisierungs-Initiative deutscher Automobilhersteller) die notwendige Spezifikation. Am Entstehungsprozess waren nicht nur namhafte Hersteller beteiligt, vielmehr wurden auch Meinungen und Anregungen von Anwendern – beispielsweise aus der Automobilbranche - berücksichtigt. Auch LAPP hat die Entwicklung des neuen Industriestandards von Anfang an mitbegleitet. Entstanden sind die harschen Vorgaben an PROFINET Typ R Datenleitungen. Der neue, sogenannte „Typ R“ beschreibt 2-paarige Cat.5e Industrie-Datenleitungen, welche zahlreichen elektrischen sowie mechanischen Anforderungen trotzen müssen und eine Langlebigkeit beim Einsatz an Industrierobotern gewährleisten. In der aktuellen Version der „Cabling and Interconnection Guideline“, Version 4.11, ist erstmals neben den geläufigen Leitungstypen „Typ A“ (feste Verlegung), „Typ B“ (gelegentlich bewegter Einsatz) und „Typ C“ (Schleppketten- und Sonderanwendungen) nun auch „Typ R“ enthalten.
Hohe Anforderungen für Typ R
Eine PROFINET-konforme Typ R Roboterleitung muss einiges aushalten. Es sind in erster Linie die mechanischen Anforderungen. Und das nicht zu knapp: 5 Millionen vertikale Torsionszyklen bei ±180° pro Meter, 5 Millionen Zyklen in der horizontalen Schleppkette bei Beschleunigungen bis zu 10 m/s² und Geschwindigkeiten von 3 m/s über einen Verfahrweg von 5 m, zusätzlich 1 Millionen Biegungen im Wechselbiegetest nach EN 50396 bei einem Biegeradius von nur 7x Außendurchmesser. LAPP, Weltmarktführer für integrierte Lösungen im Bereich der Kabel- und Verbindungstechnologie, hat hierfür die neue ETHERLINE ROBOT PN Cat.5e entwickelt. Sie eignet sich für die industrielle Datenverkabelung innerhalb oder am Roboter - in Schlauchpaketen oder frei verlegt. Sie bietet eine hohe Belastbarkeit, Langlebigkeit sowie Zuverlässigkeit in der Datenkommunikation mit Datenraten bis zu 100 Mbit/s. Auch ein Einsatz an anspruchsvollen Schweißrobotern bereitet der neuen Leitung keine Schwierigkeiten. Besonderes Augenmerk legten die Entwickler von LAPP auf die richtige Auswahl der Kabelkonstruktion. Dank der Füllelemente sowie der zuverlässigen Materialien. Mit dem robusten PUR-Außenmantel deckt die Leitung nicht nur die Anforderungen an die mechanische Belastung ab, sondern entspricht darüber hinaus auch wichtigen Zertifizierungen und Standards wie eine UL-Konformität gemäß AWM Recognized. Diese ermöglicht einen Export als Bauteil innerhalb einer Maschine oder Anlage in den Nordamerikanischen Markt.
Im Testzentrum von LAPP geprüft
Die ETHERLINE ROBOT PN Cat.5e wurde auf Herz und Nieren im eigenen hochtechnologischen Lapp-Testzentrum geprüft. Die Anlage verfügt über Prüfgeräte und Apparaturen auf dem neusten Stand der Technik und das Expertenteam besitzt langjährige Erfahrung im Handling von Datenleitungen. Ein Beispiel ist die stetige Überwachung der elektrischen Übertragungsparameter gemäß IEC 61156-6 während des langwierigen Testablaufs bei Schleppkettenprüfungen. Hierbei werden hochflexible ETHERLINE Datenleitungen in festgelegten Abständen – in der Regel alle 20.000 bis 50.000 Zyklen – vollautomatisiert geprüft und Veränderungen in über 20 kritischen Übertragungsparametern festgestellt. Gerade in der Testphase von Prototypen ermöglicht dies einen lückenlosen Rückschluss auf Schwächen im Aufbau, welche in der nächsten Entwicklungsstufe ausgemerzt und verbessert werden. Am Ende der Testphase hatte die Roboterleitung weder Beschädigungen im Außenmantel, noch wurden Beeinträchtigungen in den übertragungskritischen elektrischen Parametern nachgewiesen.
Gefertigt wird die neue ETHERLINE ROBOT PN Cat.5e im Lapp-eigenen Kompetenzzentrum für Datenleitungen – bei CEAM Cavi Speciali in Monselice, Italien. CEAM Cavi Speciali ist einer der führenden Hersteller von Datenleitungen für industrielles Ethernet und Feldbus – und seit Oktober 2016 Teil der Lapp Gruppe.