IEN D-A-CH: Im vergangenen Jahr haben Sie begonnen die Cebit neu auszurichten. Die Messe ist nicht länger eine klassische IT Messe, sondern die führende Veranstaltung rund um die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Wie wird sich diese Entwicklung in der CeBIT 2017 widerspiegeln?
H. von Saß: In den vergangenen Jahren hat sich die CeBIT in der Tat sehr stark gewandelt - wie sich eben auch die digitale Wirtschaft stark gewandelt hat. Standen vor fünf oder acht Jahren noch sehr stark Hardware und prozessoptimierende Software im Mittelpunkt, geht es nun eben auch sehr stark um digitale und datengetrieben Geschäftsmodelle. Die Herausforderung für die Unternehmen aller Branchen ist ja nicht so sehr, wie sie ihre Enterprise Content Management-Software aktuell halten, sondern die Frage, wie sich die Digitalisierung auf das eigene Geschäftsmodell auswirkt. Und um das auch anfassbar und erlebbar zu machen, setzt die CeBIT 2017 so sehr wie noch nie auf ganz konkrete Anwendungsbeispiele aus den unterschiedlichen Industriebereichen. Die Besucher werden also etwa sehen können, wie sich die Überwachung großer Industrieanlagen mit Hilfe von Drohnen vereinfachen lässt. Oder etwa wo der Einsatz von Virtual Reality im Vertriebsprozess sinnvoll sein kann. Auch das technisch Mögliche im Bereich des Internets der Dinge, das ja inzwischen starke Dynamik entwickelt hat, werden wir aufzeigen, ebenso wie das autonome Fahren. Wir zeigen digitale Technologie in der konkreten Anwendung. Wer die Bandbreite und disruptive Kraft der Digitalisierung verstehen will, sollten die CeBIT nicht verpassen.
IEN D-A-CH: Welche Bereiche der Messe muss ein Besucher gesehen haben, der seine Schwerpunkte im Bereich industrielle Produktion setzt?
H. von Saß: Wer einen engen Fokus auf die Produktion setzt, sollte auf jeden Fall die Halle 12 besuchen. Dort haben wir den Themenschwerpunkt Internet of Things – und auch hier gilt: Es geht um konkrete Anwendungsbeispiele. Die Initiative acatech wird dort ein gutes Dutzend ganz konkrete Beispiele zeigen, etwa einen smarten Kleinbagger oder zwei Roboter, die einen dritten bauen, unterstützt von künstlicher Intelligenz. Und natürlich sollte jeder die Halle 11 besuchen, die Startup-Plattform SCALE11, auf der sich rund 400 junge Unternehmen zeigen. Dort wird das Disruptive der Digitalisierung deutlich. In der Halle 5 findet der Besucher die Sonderschau Digitalisierung Live. Dort wird anhand der gesamten automobilen Wertschöpfungskette der Einfluss der Digitalisierung demonstriert.
IEN D-A-CH: Zum ersten Mal in der Cebit-Geschichte wird Japan das Partnerland sein. Wie viele Aussteller aus Japan werden auf der Messe ausstellen? Welche Größe und Struktur haben diese Firmen?
H. von Saß: Japan wird die CeBIT in diesem Jahr sehr klar prägen. Die japanische Wirtschaftsförderungsgesellschaft JETRO belegt mehr als 7000 Quadratmeter Fläche in zwei Hallen. Noch nie hat ein Partnerland so viel Fläche für die Präsentation benötigt. 120 Unternehmen kommen aus Japan nach Hannover – und es sind ganz unterschiedliche Unternehmen. Große Konzerne sind dabei, Namen von Unternehmen, die weltweit aktiv sind. Etwa der zweitgrößte Automobilhersteller der Welt, Toyota oder Kawasaki Industries, Nissan und andere.
(Übrigens: Mit Volkswagen ist auch der größte Automobilhersteller der Welt auf der CeBIT). Aus Japan kommen aber auch kleinere Unternehmen, die mit ihrem Auftritt in Hannover die Nähe zum europäischen und deutschen Markt suchen. In Zeiten der wirtschaftlichen Unsicherheit sind bewährte Partnerschaften, wie die zwischen Deutschland und Japan, noch einmal wichtiger.
IEN D-A-CH: Die japanische Gesellschaft und Wirtschaft haben im Vergleich zu Deutschland eine andere Einstellung zu Technologie im Allgemeinen, speziell aber auch bei den Themen Digitalisierung und Robotik. Was können wir aus der japanischen Herangehensweise lernen?
H. von Saß: In der Tat kenne ich kaum eine Gesellschaft, die so technologieaffin ist. Auf den Straßen, in den U-Bahnen oder in den Kaufhäusern, überall begegnet einem wie selbstverständlich Technologie. Auch die Bereitschaft, Technologie nah an sich heranzulassen, ist in Japan ausgeprägter, was sich daran zeigt, dass es bereits Roboter gibt, die in der Pflege eingesetzt werden. Ich denke, das ist vor allem Ausdruck einer Haltung, die die Chancen und die Neugierde auf Technologie in den Vordergrund rückt. Wir sind da sicher oftmals kritischer und lassen uns von einem schnellen Blick auf die Risiken vielleicht zu früh bremsen. Der Austausch darüber wird sicher fruchtbar sein auf der CeBIT – zumal wir mit dem Topthema d!conomy – no limits eben genau die Chancen und unendlichen Möglichkeiten der Digitalisierung in den Vordergrund stellen.
IEN D-A-CH: Die CeBIT ist jedes Jahr mehr als „nur“ eine Messe. Wo
liegen in diesem Jahr die Schwerpunktthemen der CeBIT Global Conferences?
H. von Saß: Die Schwerpunkte der CeBIT spiegeln sich natürlich auch in den CeBIT Global Conferences wider – und ergänzen die Themen der Ausstellung. Und wir freuen uns, dass wir etwa mit Ray Kurzweil den weltweit wohl wichtigsten Forscher in Sachen Künstliche Intelligenz auf der Bühne haben werden. Das wird ein absoluter Höhepunkt, ihn zu hören. Das Thema Sicherheit greifen wir auf – Edward Snowden wird wieder per Video zugeschaltet. Es ist sicher spannend zu hören, wie er auf die Entwicklung in den USA blickt. Oder es wird Thema sein, wie sehr Social Media die Wahlen in den USA beeinflusst hat – Der Sozialforscher Michal Kosinski ist der weltweite Experte für Psychometrie. Er hat ein System entwickelt, das anhand der Auswertung von Facebook-Likes und weiteren Daten auf den Charakter eines Menschen schließen lässt. Trumps Wahlkampfteam setzte diese Technologie ein.
IEN D-A-CH: Das Industrielle Internet der Dinge und Digitale Sicherheit sind zwei stark miteinander verbundene Themenkomplexe bei der Diskussion über die intelligente Fabrik der Zukunft. Wo können Besucher, die sich gezielt informieren möchten Informationen zu diesen Bereichen finden?
H. von Saß: Seit Jahren ist das Thema Sicherheit ein ganz zentrales auf der CeBIT – und ich kenne keine andere Veranstaltung weltweit, die sich dieses Themas so ernsthaft widmet wie die CeBIT. Diese Fragestellungen ziehen sich durch alle Hallen der Veranstaltung, weil sich Digitalisierung gar nicht ohne Security denken lässt. Viele Projekte wären doch von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Der Nukleus des Themas ist aber sicher die Halle 6, in der alle namhaften Security-Anbieter zu finden sind.
IEN D-A-CH: Auf der Messe werden in großer Zahl aktuelle Anwendungsbeispiele aus dem Industrie 4.0 Umfeld gezeigt, die bereits Ihren Weg in die Fabriken und Büros gefunden haben. Wie können die interessierten Besucher diese Beispiele finden?
H. von Saß: Wir haben die Sonderschau Digitalisierung live in der Halle 5. Wir haben in der Halle 12 den Schwerpunkt Internet der Dinge. Und wir greifen das Thema in den CeBIT Global Conferences auf. Das Beste ist also: Den Besuch im Internet vorbereiten. Dank unserer Suche auf der Seite, finden sich schnell die richtigen Aussteller. Oder eine Guided Tour zu dem Thema buchen. Mehr Informationen dazu gibt es auch im Internet.
IEN D-A-CH: Vielen Dank für das Gespräch.