In Krankenhäusern, Praxen oder Laboren kommt täglich eine Vielzahl an medizinischen Geräten zum Einsatz – Zahnarzt-Bohrer, Röntgengeräte, OP-Liegen, Augenlaser oder Zentrifugen sind nur einige davon. Alle diese Geräte haben eines gemeinsam: Damit sie funktionieren, benötigen sie einen Antrieb. Hier stehen verschiedenste Technologien mit unterschiedlichen Eigenschaften zur Verfügung. Aus diesem Angebot müssen Medizintechnik-Hersteller nicht nur den für ihre Zwecke am besten geeigneten Antrieb auswählen – dieser muss außerdem noch Anforderungen genügen, die über den reinen Antrieb hinausgehen. Dazu zählen u.a. die besonderen Auflagen, die medizintechnische Geräte im jeweiligen Absatzmarkt zu erfüllen haben, um beispielsweise eine Zulassung wie UL oder FDA zu bekommen. Hersteller medizinischer Geräte sollten diese Punkte unbedingt im Vorfeld der Anlagen-Konzeption klären. Ebenso wichtig ist die Berücksichtigung der Umgebungsbedingungen der Anwendung: Welche Temperaturen herrschen dort, wie sieht es mit der Strahlung und der nötigen Schutzart aus, ist ein Einsatz in aseptischen Bereichen angedacht, der ein Produkt-Design ohne scharfe Kanten und spezielle Materialien erfordert? Die Suche nach geeigneten Komponenten ist für die Hersteller deshalb nicht leicht, sie setzt großes Know-how und eine sehr gute Kenntnis des Antriebstechnik-Marktes voraus.
Die speziellen Anforderungen an die Antriebstechnik in der Medizintechnik zeigen, dass sich mit Produkten „von der Stange“ die quantitativen Voraussetzungen gerade noch erreichen lassen, bei den qualitativen Kriterien werden jedoch häufig die Zeit- und Kostenziele verfehlt.
Bei der Zulassung lauern Fallstricke
Beim Antriebstechnik-Spezialisten A-Drive Technology GmbH kennt man die Herausforderungen, vor denen die Firmen der Branche bei der Wahl ihrer Lieferanten stehen. Im Haupt-Absatzmarkt USA sind sie besonders hoch: „Hier dürfen nur bestimmte, von der Food and Drug Administration (FDA) genehmigte Komponenten verwendet werden“, sagt Manfred Brucksch-Richter. Der Diplom-Ingenieur ist bei A-Drive für die Geschäftsentwicklung zuständig und damit auch für die Auswahl der Antriebstechnik-Hersteller, mit denen sein Unternehmen zusammenarbeitet. „Die strengen Voraussetzungen in den USA erfüllen fast nur Produkte US-amerikanischer Hersteller wie Lin Engineering, Haydon Kerk, Advanced Motion Control oder H2W “, so Brucksch-Richter. „Das muss man wissen.“
Schrittmotoren mit völlig neuartigem Design
Zu den miniaturisierten Komponenten, mit denen A-Drive im Bereich der Medizintechnik arbeitet, gehört u.a. der NEMA 17-ZEN-Motor von Lin Engineering. Der Schrittmotor zeichnet sich durch ein neuartiges, magnetisches Design aus: Während beim klassischen Schrittmotor das radiale Magnetfeld über einen Scheibenmagnet zwischen den Blechpaketen erzeugt wird, ist bei diesem Aktuator ein Ringmagnet außen im Statorpaket eingebaut. Der Magnetfluss wird über die Außenwicklung des Stators geleitet. Durch diesen konstruktiven Kniff wurden das störende Rastmoment und die Laufgeräusche eliminiert.
Dank dieses neuen Designs bietet der NEMA 17-ZEN einen ruhigen, schwingungsarmen Lauf. Diese Eigenschaft ist in medizinischen Geräten sehr wichtig, denn das Geräusch des Motors und die durch seinen Betrieb ausgelösten Vibrationen können nicht nur die Genesung der Patienten, sondern im Extremfall sogar die Funktion des Gerätes selbst beeinträchtigen.
Dreimal so präzise wie herkömmliche Aktuatoren
Eine weiteres herausragendes Merkmal des NEMA 17-ZEN-Motors ist seine extrem hohe Präzision. Mit einer Genauigkeit von ±1.5 Winkelminuten bei einem Mikroschrittbetrieb von 1/64 und einem Schrittwinkel von 0.9° arbeitet der ZEN-Motor dreimal so präzise wie herkömmliche Aktuatoren, ist im Vergleich zu ihnen aber deutlich günstiger und kompakter. Neben den genannten Parametern prädestiniert auch seine geringe Größe den Motor für den Einsatz in der Medizintechnik: Der NEMA 17-ZEN misst in der Länge je nach Modell nur 27.9 bis 43.2 mm.
Den Schrittmotor gibt es bei A-Drive in der Version ZH 417 auch mit einer 11 mm breiten Hohlwelle, die als Kabeldurchführung z. B. beim Einsatz in Augenlasern genutzt werden kann. Verfügbar sind darüber hinaus die Baureihen Z 417 (ruhig und genau) sowie ZN 417 (schwingungsarm und vorbereitet für Optionen).
Miniatur-Aktuator für engste Bauräume
Noch kleiner als der ZEN-Motor ist der Linearaktuator der 15000er-Serie von Haydon Kerk. Er eignet sich mit seiner äußerst kompakten Bauform von gerade einmal 15 mm Durchmesser sehr gut für alle Geräte der Medizin- und Labortechnik, in denen nur ein minimaler Bauraum zur Verfügung steht. Ein Anwendungsbereich sind Endoskope in der minimal-invasiven Chirurgie, in denen der Linearaktuator auf Knopfdruck die Verstellung des Blickwinkels bewirkt, mit dem der Operateur die zu operierende Stelle betrachtet. In medizinischen oder pharmazeutischen Laboren wiederum findet der Aktuator in motorisierten Pipetten Verwendung, die ein Mehrkanalpipettieren zwischen Mikroplatten, Röhrchenracks und Geltaschen ermöglichen. Die Verfahreinheit von Mikroskopiertischen, mit der die Arbeitsfläche in der vertikalen Ebene bewegt wird, ist ebenfalls ein ideales Einsatzgebiet des Miniatur-Aktuators.
Der Linearaktuator ist bei A-Drive in einer verdrehsicheren Ausführung (Captive) und in einer Version mit externer Spindel (External Linear) erhältlich und bietet in der Version mit Spindel Auflösungen im Bereich von 0,02 mm bis 0,10 mm pro Schritt. Die Aktuatoren der 15000er-Serie sind für den Mikroschrittbetrieb geeignet und können in diesem Modus noch feinere Auflösungen liefern. Da die Kunststoffmutter aus technischem Thermoplast geformt ist und die Gewindespindel aus Edelstahl gerollt wird, ist eine hohe Effizienz und Lebensdauer der Aktuatoren gewährleistet – das ermöglicht lineare Kräfte von bis zu 1700 N.
Diese und zahlreiche weitere Antriebskomponenten konfiguriert A-Drive seit fast drei Jahrzehnten für seine Medizintechnik-Kunden. „Wir haben unter anderem eine Testvorrichtung für Herzklappen mit den passenden Tauchspulmotoren von Akribis ausgestattet“, nennt Manfred Brucksch-Richter ein Beispiel. Bei einem anderen Projekt galt es, den geeigneten Antrieb für Schleifgeräte zu finden, die in der Bearbeitung von Gleitsichtbrillen mit konvex-konkaven Gläsern eingesetzt werden. „Hier hatten wir eine sehr anspruchsvolle Aufgabenstellung, denn der Motor musste hochfrequente, hochgenaue Kurzhub-Bewegungen ausführen können“, beschreibt Brucksch-Richter die Herausforderung, vor der seine Mitarbeiter standen.
Intensive, herstellerunabhängige Beratung
Da die Taunussteiner mit vielen Herstellern als Technologiepartner zusammenarbeiten, können sie ihre Kunden unabhängig beraten und so die am besten geeignete Lösung finden. „Wir verstehen uns als Ergänzung zu den Herstellern, quasi als deren ausgelagerte Fachberater“, beschreibt Brucksch-Richter das Selbstverständnis von A-Drive. Die Ansprüche des Unternehmens gingen weit über die eines klassischen Distributors hinaus, schließlich modifiziere man die Komponenten speziell für den jeweiligen Anwendungsbereich. „Für uns ist einzig und alleine die Aufgabenstellung des Kunden wichtig“, sagt Brucksch-Richter. „Wenn wir die gelöst haben, sind wir zufrieden.“