Die Feinmess Suhl GmbH entwickelte eine elegante Lösung zur digitalen Zahnweitenmessung für innenverzahnte Zahnräder mit Durchmessern über 400 mm. Die neue Methode verkürzt die Messzeit um den Faktor 10 und verringert gleichzeitig deutlich den Bedienereinfluss.
Große Windkraftanlagen oder auch Bergbaumaschinen sind heute üblicherweise mit Planetengetrieben ausgestattet. Diese Getriebe setzen sich aus drei unterschiedlichen Zahnradtypen zusammen: einer langsamen an die Rotorwelle gekoppelten Welle, dem innenverzahnten Hohlrad und mindestens drei Planetenrädern, die das Hohlrad mit dem zentralen Sonnenrad, der Verbindung zur schnellen Generatorwelle, koppeln. Damit alle Komponenten perfekt ineinander greifen, kommt der präzisen Vermessung der Zahnweite während des Herstellungsprozesses im Zuge der Qualitätssicherung eine besondere Bedeutung zu. Aber auch bei der Wartung von Zahnrädern ist die Zahndicke bzw. -weite ein wesentliches Beurteilungsmerkmal. Sie entscheidet maßgeblich über Verbaubarkeit und Einsetzbarkeit eines verzahnten Werkstücks.
Übliche Messmethoden
Bisher gab es für Zahnweitenvermessung zwei gängige Methoden: die Vermessung außerhalb der Schleifmaschine auf einer Koordinatenmessmaschine (KMM) oder die Vermessung in der Maschine mit einer stabförmigen Zweipunkt-Innenmessschraube. Beide Verfahren zeigen in der Praxis wesentliche Nachteile: Zur Zahnweitenmessung mit der KMM muss der Herstellungsprozess unterbrochen werden, um das Rad aus der Maschine ausbauen und vermessen zu können. Das ist nicht nur kostenintensiv und umständlich, sondern ermöglicht eine Einflussnahme erst bei den folgenden Werkstücken. Zudem komplizieren sich eventuell notwendige Nachbearbeitungen. Ähnliches gilt für die Vermessung mit der Innenmessschraube, bei der das diametrale Zweikugelmaß über den großen Durchmesser bestimmt werden muss. Hierzu kann das Zahnrad zwar in der Maschine verbleiben. Doch die Anwendung des stangenförmigen Messgeräts und damit die Messung sind relativ kompliziert und zeitaufwendig. Zum einen können innenverzahnte Zahnräder für die genannten Anwendungen Durchmesser von bis zu 3.000 oder im Fall von innenverzahnten Großwälzlagern sogar bis 4.500 mm erreichen. Bei diesen Größen sind zwei Personen für die Messung erforderlich. Zum anderen muss bei der Messung der Umkehrpunkt des Innenmaßes, d. h. der kürzeste Abstand, gesucht werden. Aufgrund dieser nicht ganz einfachen Handhabung der stabförmigen Innenmessschraube ist ein erheblicher Bedienereinfluss auf die Messung und damit eine potentielle Fehlerquelle nicht auszuschließen.
Handlich, mobil und schnell
Der Stand der Technik war also denkbar unbefriedigend. Feinmess Suhl GmbH (FMS) nahm sich der Problematik an und entwickelte eine neue Messmethode. Das Ergebnis ist die digitale Zahnweitenmessschraube für Innenverzahnungen "DIGIZ" für die Vermessung von innenverzahnten Zahnrädern mit Durchmessern ab 400 mm. Das handliche Gerät zur indirekten Bestimmung der Zahndicke - es besitzt ungefähr die Außenabmessungen eines DIN A5-Blocks - stellt einen neuen Ansatz in der Beurteilung solch großer Innenverzahnungen dar. Es ist für den mobilen Einsatz geeignet und liefert einen schnellen Überblick über die zu messende Größe. "Neben der höheren Messgenauigkeit und den vergleichsweise geringen Anschaffungskosten liegt DIGIZ' wesentlicher Vorteil in der deutlichen Verringerung der benötigten Messzeit. Statt bisher durchschnittlich knapp 30 dauert die Vermessung nur noch drei Minuten", erklärt Detlef Rode, Entwicklungsleiter bei FMS und geistiger Vater von DIGIZ. Das Gerät vermisst das Zahnrad direkt auf der Maschine. Eine Demontage ist nicht erforderlich. Da es sich selbst in der Verzahnung zentriert und die Abweichung direkt anzeigt, entfällt eine zeitaufwendige Umkehrpunktsuche. Die Messgenauigkeit steigt und Bedienfehler sind praktisch ausgeschlossen, obwohl sich die Messschraube mit nur einer Hand bedienen lässt.
Klarheit auf einen Blick
DIGIZ ist in allen Stufen des Fertigungsprozesses zur Qualitätssicherung einsetzbar: Bei der Härteverzugsbestimmung, der Wareneingangs- und Ausgangskontrolle sowie während des Innenverzahnungsstoßens und -schleifens. Hier dient es der Ermittlung der Zahndicke und damit des für die Funktion wichtigen Flankenspiels. Die Messschraube kann die Zahnweiten sowohl an geradverzahnten wie auch an schrägverzahnten Zahnrädern prüfen. Gemessen wird über mehrere Zähne. Die Messflächen berühren dazu eine Links- und eine Rechtsflanke in Teilkreisnähe. Die Zähnezahl, über die gemessen wird, ist abhängig von den Verzahnungsdaten wie Zähnezahl und Modul, kann aber auch zugunsten guter Handhabbarkeit angepasst werden. Zur Messung stellt der Anwender die Messschraube auf das jeweilige Prüfmaß ein, setzt das Gerät mit der Rolle beziehungsweise Doppelkugel in eine Zahnlücke ein, schwenkt den Messaufsatz mit der Kugel in die zweite Lücke und drückt die Messschraube leicht in die Zahnlücken. Die Anzeige gibt das Ist-Maß an und vergleicht es direkt mit dem Prüfmaß. Die vorhandene Abweichung vom eingestellten Prüfmaß kann am Feinzeiger abgelesen werden. Das Einrichten von Toleranzmarken gestattet dabei eine Beurteilung auf Einhaltung der Toleranzvorgaben. Auf diese Weise lässt sich bereits während der Messung auf einen Blick erkennen, ob die Zahnweite im gewünschten Bereich liegt. Zum Vergleich: Die Messstange zeigt nur den tatsächlich gemessenen Wert an. Der muss zunächst abgelesen und dann mit dem Sollwert verglichen werden. Die neue Technik spart also auch hierbei Zeit und minimiert das Risiko eines Ablese- oder Interpretationsfehlers und senkt damit den Ausschuss. Bei Kosten von 10.000 bis 15.000 Euro pro Zahnrad ist dies ein nicht unerheblicher Aspekt.
Spezielle Prüfsoftware
"Zugunsten der Kompaktheit und leichteren Handhabung weichen wir mit dem DIGIZ etwas von der herkömmlichen DIN-Messmethode der Zahnweite ab. Doch der Kunde erhält zusammen mit der Messschraube eine spezielle Prüfsoftware, mit der er die Prüfmaße schnell berechnen kann. Die Software kompensiert dabei die Abweichungen von der DIN-Methode", erläutert Detlef Rode. Dazu werden die gemessenen Verzahnungsdaten wie beispielsweise Modul, Zähnezahl, Schrägungswinkel und Profilverschiebung in die Software eingegeben und von dieser automatisch in das Nennmaß umgerechnet. Darüber hinaus schlägt die Software Messkugeldurchmesser und Messzähnezahl so vor, dass die Messung mit einem möglichst kompakten Gerät oder beispielsweise mit vorhandenen Messkugelsätzen durchgeführt werden kann.
FMS bietet seine Messschraube für Innenverzahnungen in fünf verschiedenen Ausführungen für insgesamt fünf unterschiedliche Messbereiche an und deckt damit einen Gesamtmessbereich von 175 mm bis 425 mm ab. Bei den Messeinsätzen hat der Anwender die Wahl zwischen Zylinderrollen oder Doppelkugeln in insgesamt elf unterschiedlichen Durchmessern von 10 bis 36 mm. Zurzeit beträgt die Skalenteilung des Feinzeigers 2 µm und der Anzeigebereich ± 140 µm. Eine größere Skalenteilung von 5 µm und ein Anzeigebereich von ± 350 µm speziell für die Anwendung bei sehr großen Durchmessern sind in Vorbereitung. Ebenso ein einstellbarer Einstellmeister, der für die Kalibrierung aller fünf Geräte genutzt werden kann.