In einer Flucht- oder Rettungskammer von Dräger kann sich Personal auch unter widrigen, ja sogar lebensfeindlichen Bedingungen aufhalten. Denn die containerähnliche Kammer stellt alles bereit, was man zum Überleben braucht - vor allem Atemluft.
Rettung von Personal und Simulation von Bränden
Je nach Ausführung bereiten die Anlagen diese Luft aus der Umgebungsluft auf oder erzeugen sie vor Ort. Sensoren überwachen kontinuierlich alle relevanten Parameter. Ein leichter Überdruck gewährleistet, dass keine Schadstoffe in die Kammern eindringen, die je nach Kundenwunsch u.a. mit Klimatisierung, Wasserversorgung und Notfall-Equipment ausgestattet sind. Dabei ist eine Verweildauer von bis zu acht Stunden (Fluchtkammern) bzw. 96 Stunden (Rettungskammern) möglich. Diese Systeme sind weltweit vor allem im Berg- und Tunnelbau gefragt.
Im zweiten Geschäftsfeld von Dräger sind die Anlagen nochmals individueller: Brandübungs- und -simulationsanlagen erlauben das kontrollierte Auslösen von Bränden und schaffen damit die Voraussetzung für gezielte Brandbekämpfungsübung etwa an Flugzeugrümpfen, Brandhäusern oder Industrieanlagen. Dabei lassen sich verschiedene Szenarien erzeugen - vom lokalen Brandherd bis zum "Flashover" (Bild 2). Dafür benötigt man eine ausgeklügelte Steuerungstechnik, die nicht nur den Brenner entsprechend steuert, sondern auch eine große Bandbreite an Gas- und Temperatursensoren sowie Optosensorik und Kameratechnik, die letztlich den Erfolg der Brandbekämpfung erfasst.
Immer "built to order"
Für die Elektrokonstrukteure dieses Dräger-Geschäftsfeldes bedeutet das: Jedes Projekt ist mit intensiver und individueller Entwicklungsarbeit verbunden. Olaf Böhm, Teamleiter Elektrotechnik: "Wir unterscheiden zwischen zwei Arten von Projekten: ´configured to order´ und `engineered to order´." Das gilt auch für weitere Produkte von Dräger Engineered Solutions wie zum Beispiel für die kompletten Lösch- und Rettungszüge, die an Eisenbahngesellschaften geliefert werden und neben der Brandbekämpfung in Tunneln auch die Evakuierung der Passagiere in speziell dafür eingerichteten Waggons erlauben.
Umfassendes elektrotechnisches Know-how
So unterschiedlich diese Produkte sind - sie haben letztlich alle die Aufgabe, Leben zu schützen, unterstützen oder zu retten. Damit erfüllen sie den Anspruch, den Dräger in der Leitidee "Technik für das Leben" ausdrückt.
Alle Anlagen nutzen die Basistechnologien der Gassensorik und Luftaufbereitung (zu der auch die CO2-Absorption gehört), die für alle Dräger-Geschäftsbereiche kennzeichnend ist. Und in allen ist umfassendes elektrotechnisches Know-how "eingebaut".
Umfassende Bibliothek für die Elektroplanung
Dabei ist immer gewährleistet, dass die gewonnenen Erfahrungen in jedes neue Projekt einfließen. Denn die Konstrukteure haben auf der steuerungstechnischen Ebene Module definiert und eine umfassende Bibliothek angelegt, die eine individuelle Projektierung unter Nutzung vorhandener Konstruktionen erlaubt. Carsten Urban, Elektrokonstrukteur bei Dräger: "In der Regel verwenden wir Vorgängerprojekte als Vorlage." Entscheidend dafür, welche Vorlage zum Einsatz kommt, ist nicht nur die mit dem Kunden vereinbarte Ausstattung der Anlage, sondern auch der gewünschte Automationsgrad, der je nach Kunde und Zielland sehr unterschiedlich ist.
Konstruktionsmethodik: Start mit R+I-Schema
Die Elektrokonstrukteure starten ihre Arbeit mit einem R+I-Schema, das in Eplan PPE (jetzt: Eplan Preplanning) erstellt wird und auch die Kommunikation und Abstimmung mit den Kunden erleichtert. Carsten Urban: "Bevor wir das System verwendet haben, gab es nur eine textliche Beschreibung der Anlagen- und Steuerungsfunktionen. Jetzt ist die Vorplanung sehr viel übersichtlicher und klarer definiert. Wir integrieren hier die Gewerke Elektrotechnik, Fluidtechnik und Programmierung, zum Teil auch die Mechanik."
In Zukunft: Durchgängig von der Vorplanung zur Detailplanung
Das bereits eingeführte Eplan P&ID soll jetzt noch weiter verbessert werden: Die Konstrukteure planen die Umstellung auf Eplan Preplanning. Dieses Werkzeug erlaubt die gewerkeübergreifende Vorplanung von kompletten Automatisierungsanlagen. Olaf Böhm: "Mit Eplan Preplanning ist die Durchgängigkeit zu Eplan Electric P8 gegeben. Dann wird sich unser Workflow nochmals verbessern, weil wir von der Vorplanung bis zur Detailplanung durchgängige CAE-Systeme nutzen."
Elektrokonstruktion mit hohem Anspruch
Bei der Elektrokonstruktion selbst gelten hohe Ansprüche an die Sicherheit und Zuverlässigkeit - schließlich geht es immer darum, Menschenleben zu schützen, unterstützen und zu retten. Die Flucht- und Rettungsräume sind in der Regel mit mehreren Schaltkästen ausgestattet, die jeweils einzelne Aufgaben wie die Steuerung von Luftaufbereitung, Sensorik und Klimatisierung übernehmen. Olaf Böhm: "Wir arbeiten auf der Basis von den relevanten IEC-Normen und berücksichtigen bei der Planung viele landes- und unternehmensspezifische Bestimmungen." Auch die mikrocontroller-basierte Auswerteelektronik für die Gassensorik gehört zum Lieferumfang von Dräger.
In der Eplan Datenbank wählen die sieben Elektrokonstrukteure von Dräger Engineered Solutions ein Referenzprojekt aus, das dem zu entwickelnden Projekt am ähnlichsten ist, und modifizieren es nach den individuellen Anforderungen. Dabei ist es von Vorteil, dass sie auf einen großen "Schatz" an vorhandenen Projekten zurückgreifen können. Carsten Urban: "Auch unsere Komponentenbibliothek ist sehr umfangreich. Deshalb ist der Aufwand für die Anpassung nicht allzu groß."
Zentrales PLM erleichtert die Konstruktionsarbeit
Erleichtert wird den Konstrukteuren die Arbeit dadurch, dass alle Konstruktionsdaten in einem zentralen Product Lifecycle Management-System (PLM) gespeichert werden. Olaf Böhm: "Wir legen die Projekte mit sämtlichen Daten und Zeichnungen aller Gewerke - einschließlich der Revisionierungen - im PLM System Agile ab und haben somit stets den aktuellen Stand zur Hand." Nicht nur Eplan Electric P8, sondern auch die von den anderen Gewerken genutzten CAD-Tools wie Autocad und ProEngineer sind über Schnittstellen an das PLM-System angebunden. Die Konstrukteure haben also gewerkeübergreifend Zugriff auf den gesamten Datenbestand und somit auf den Erfahrungsschatz, der in die Entwicklung der lebensrettenden Sonderanlagen eingeflossen ist.