Die Ablösung des mechanischen Rollenhebel-Endschalters durch ein berührungsloses elektronisch arbeitendes Pendant war gleichzeitig Startpunkt und elementare Grundlage bahnbrechender Weiterentwicklungen in der Fabrikautomation. Der nachfolgende Bericht über den induktiven Näherungsschalter VariKont zeigt, wie seit den Wirtschaftswunderjahren die clevere Kombination von neuesten Technologien mit Altbewährtem zu einer bis heute andauernden Erfolgsgeschichte geworden ist.
Investitionsschutz genießt in der Industrie sehr hohe Priorität und von daher haben es Innovationen mitunter schwer sich gegen althergebrachte Methoden und Arbeitsmittel zu behaupten. So genügt es nicht eine Technologie zu entwickeln bzw. dieselbe zu beherrschen, man muss sie stets marktgerecht einführen und adaptieren. Ein Beispiel dafür ist der induktive Näherungsschalter "VariKont", der als "Variabler Kontakt(schalter)" 1968 erstmals eine ersthafte Alternative für den Rollenhebel-Endschalter nach DIN 43694 verwirklichte. Noch heute ist die kubische Form des Sensors auf den ehemaligen mechanischen Rollenhebel-Endschalter zurückzuführen.
Transistortechnik verhilft induktivem Wirkprinzip zum Durchbruch
Die Vorteile des berührungslosen Schaltens konnten sich seinerzeit nur durchsetzen, indem man einen mechanisch und elektrisch kompatiblen Ersatz entwickelte, der einen Eins-zu-eins-Austausch ermöglichte. Dies mit den damaligen Möglichkeiten zu realisieren bedeutete für die Firma Pepperl+Fuchs, den Hersteller des VariKont, eine nicht unerhebliche Herausforderung. Die Entwickler mussten fünf verschiedene Gehäusevarianten bereitstellen, um alle Einbaumöglichkeiten und Anfahrrichtungen abzudecken. Außerdem waren unterschiedliche elektrische Ausführungen und Spannungsbereiche notwendig, was letztendlich zu einer Palette von 60 VariKont-Modellen führte.
Die technologische Voraussetzung zur Entwicklung des VariKont war die Erfindung des induktiven Näherungsschalters, welcher wiederum nur durch die Verfügbarkeit der Transistortechnik sinnvoll umsetzbar war. Zehn Jahre vorher, im Jahr 1958, betrieben die Firmengründer Walter Pepperl und Ludwig Fuchs in Mannheim eine Radioreparaturwerkstatt, die sich gleichzeitig auch mit dem Bau von Transformatoren beschäftigte. Schicksalshaft für den kleinen Betrieb war das Zusammentreffen mit dem Chemieunternehmen BASF, das sich mit einem Problem hilfesuchend an die Herren wandte: So beklagte BASF die häufigen Ausfälle seiner zahlreichen mechanischen Schalter in dem Chemiewerk. Die Ursache dafür lag in der aggressiven Umgebungsatmosphäre des Chemiewerks, die für eine beschleunigte Korrosion der elektrischen Kontakte verantwortlich war. Erschwerend hinzu kam die Strom- und Spannungsbegrenzung der aus Explosionsschutzgründen eigensicher ausgeführten Stromkreise.
Berührungslose Sensorik steigert Wettbewerbsfähigkeit
Mit dem aus der Radio- und Transformatorentechnik kommenden Wissen über Induktivitäten, elektromagnetische Felder und die dämpfende Wirkung von Metallen auf ein Spulensystem mit Oszillator war die junge Firma Pepperl+Fuchs in der Lage, den ersten induktiven Näherungsschalter herzustellen. Eine entscheidende Rolle bei der Signalauswertung und zur Generierung des Schaltsignals trug der Bipolar-Transistor bei, der damals quasi ein Synonym für modernste Technologie war. Damit brachte das Unternehmen dem Auftraggeber BASF die ersehnte Lösung, die alle an sie gestellten Erwartungen bestens erfüllte. Das induktive Wirkprinzip zeichnet sich insbesondere in rauen, von Staub, Schmutz, Feuchtigkeit und aggressiven Medien geprägten Industrieumgebungen durch eine außergewöhnliche Robustheit und Widerstandsfähigkeit aus. Erstmals war es möglich unter solchen Bedingungen berührungslos und verschleißfrei zu detektieren und zu schalten. Damit verbunden war eine signifikante Verbesserung der Sensorfunktionalität was letztlich zu einer Erhöhung von Anlagenstandzeiten mit weniger Bedarf an Prozessunterbrechungen aufgrund von Servicefällen führte.
Die guten Erfahrungen der Chemieindustrie mit den induktiven Näherungsschaltern wollte Pepperl+Fuchs auch anderen Industriezweigen zugänglich machen. Das führte zu den ersten VariKont-Modellen, die in den 1970er Jahren der Automatisierung zu einem rasanten Wachstumsschub verhalfen. Begünstigt wurde diese Entwicklung nicht zuletzt durch den aufkommenden Wettbewerb aus Japan und Fernost. In den Folgejahren investierte das Unternehmen große Anstrengungen in die Weiterentwicklung des Näherungsschalters, insbesondere um die große Vielfalt von 60 Varianten zu verkleinern. Im Jahre 1978 schließlich wurde das Nachfolgemodell vorgestellt, das eine raffinierte Zweiteilung in Stecksockel und Sensoreinheit brachte. Durch Umstecken des Sensorkopfes am Verstärkergehäuse lies sich die aktive Sensorfläche in fünf verschiedene Positionen ausrichten und die weiterentwickelte Auswerteelektronik fasste nun mehrere Spannungsbereiche zusammen. Diese variable Bauform wird ihrem Namen voll gerecht und zählt bis heute zu den weltweit erfolgreichsten und am weitesten verbreiteten Näherungsschaltern. Sie sind in unzähligen Anwendungen und Branchen im Einsatz und wurde als ISO-Norm standardisiert. Mit nur noch fünf VariKont-Ausführungen konnten alle denkbaren Anforderungen jener Tage an den Näherungsschalter abgedeckt werden.
Immer am Puls der Zeit: Die neuesten Technologien
Fortan erfuhr die VariKont-Familie zahlreiche technische Verbesserungen und wurde um branchenspezifisch optimierte Vertreter ergänzt. Dazu zählen z. B. schweißfeste Modelle für die Automobilindustrie, deren Gehäuseoberflächen perfekt gegen Schweißspritzer und Funken geschützt sind und die sich gegenüber den Einflüssen von elektromagnetischen Feldern als besonders resistent erweisen. Neue Oszillatorkonzepte ermöglichten um das Jahr 1990 herum die sogenannten Reduktionsfaktor-1-Sensoren, die für alle Metalle denselben Schaltabstand ermöglichen. Davon profitieren Betriebe, die häufig wechselnde Metalle verarbeiten, wie z. B. der Karosseriebau, wenn alternativ Aluminiumteile statt Stahl zum Einsatz kommen. Ferner ermöglichen verfeinerte Auswerteelektroniken den Bau von Modellen mit erhöhten Schaltabständen bei gleichen Baugrößen.
Stets spielen die neuesten technologischen Entwicklungen und Trends eine wichtige Rolle, so z. B. indem man in den 1990er-Jahren Busschnittstellen wie AS-I direkt in den VariKont-Sensor integriert. Weiterhin ist die Entscheidung von Pepperl+Fuchs bemerkenswert, auch andere Sensorprinzipien in die VariKont-Bauform zu integrieren, wie z. B. im Jahr 1991 den ersten Ultraschallsensor, dessen Produktfamilie bis heute stetig erweitert wurde. Auch Ident-Systeme sind inzwischen im Gewand des VariKont erhältlich. Für Anschlussarten mit M12-Gewindestecker wurde unter dem Produktnamen VariKont-L eine kompaktere, mechanisch verkürzte Variante auf den Markt gebracht. Für höhere Schaltabstände hat der Mannheimer Hersteller außerdem eine Ausführung mit größerem Sensorkopf entwickelt.
Überarbeitetes Innenleben in hochdichten UV-geschützten Gehäusen
Die kontinuierlichen Weiterentwicklungen haben sich auch im neuen Jahrtausend fortgesetzt. Im Jahr 2003 wurden zunächst die VariKont-L-Modelle mit modernster Mikroelektronik und Schaltungstechnik ausgestattet sowie das Gehäuse überarbeitet. Die Anwender profitieren von einer erhöhten EMV-Stabilität und einem gegenüber Umwelteinflüssen noch resistenteren Sensorkonzept. Die von allen Raumseiten einsehbaren hellen Eck-LEDs erlauben es, die Betriebsbereitschaft und den Schaltzustand jederzeit aus großer Distanz sicher zu erkennen. Ein neuer Schnellspannverschluss spart Kosten indem er Schraubarbeiten bei Installationen und beim Wechseln des Sensorkopfes überflüssig macht. Diese und weitere Innovationen hat Pepperl+Fuchs im Jahr 2008 auch auf die Standard-VariKont-Familie übertragen und ein neues Design mit abgerundeten Ecken geschaffen, das ein Optimum an Robustheit, Dichtheit, UV-Schutz sowie EMV-Festigkeit bietet. Auch in den hohen Schutzklassen IP67 und IP69K sind die induktiven Näherungsschalter seitdem erhältlich. Die derzeit letzte Überarbeitung fand aktuell im Jahr 2011 statt und betrifft die VariKont-Sensoren mit dem vergrößerten Sensorkopf und hohen Schaltabständen. Sie sind nun ebenfalls mit vier rundum sichtbaren Anzeige-LEDs ausgestattet und arbeiten mit der modernsten Auswerteelektronik.
Die beispielhafte technologische Entwicklung des VariKont war begleitet von richtigen strategischen Entscheidungen was letztlich der Erfolg dieser Produktserie bewiesen hat.Die Philosophie, den Kunden jeweils modernste verfügbare Technik im kompatiblen austauschbaren Gehäuse bereitzustellen wird auch künftig im Bereich der induktiven Näherungsschalter die entscheidende Rolle spielen.
Autor: Jens Scherer, Produktmanager Sensoren, Pepperl+Fuchs, Mannheim