Für den Einsatz von Servomotoren in Pressmaschinen spricht vieles. Etwa, dass sich die Bewegungskurve der Presse im Unterschied zu ihren rein mechanischen Pendants frei programmieren lässt. Damit kann die Maschine flexibel an unterschiedliche Anforderungen angepasst und daher sowohl für das Stanzen als auch für das Prägen und Tiefziehen verwendet werden. Die mit B&R Technik ausgestattete erste modulare Servopresse von mabu geht noch einen Schritt weiter. Sie lässt sich sowohl als Einzelmaschine nutzen als auch zu kompletten Stanzlinien kombinieren und erweitert damit das Anwendungsspektrum von Servopressen nochmals deutlich.
Bisher hat sich die in den letzten Jahren vieldiskutierte Servotechnik nur im Bereich der Langbett Pressmaschinen beziehungsweise im oberen Leistungssegment mit hohen Presskräften etablieren können. Nun ist es der in Oberursel ansässigen mabu-pressen AG gelungen, das attraktive Konzept auch auf kleinere und mittlere Pressmaschinen zu übertragen. Möglich wurde dies dank der fortschrittlichen Steuerungs- und Antriebstechnik von B&R.
„Die Attraktivität des elektronischen Antriebs liegt in der Möglichkeit, die Weg-Zeit-Kurve des Stößels über eine Steuerung einfach und unmittelbar beeinflussen zu können“, begründet Günter Lezius, Leiter der Abteilung Konstruktion und Entwicklung, die Entscheidung der mabu-pressen AG, in die Servotechnologie einzusteigen. „Damit wird der Bediener in die Lage versetzt, die Geschwindigkeit des Stößels im Rahmen der physikalischen Grenzen an die Anforderungen des Bearbeitungsprozesses anzupassen.“
Stanzen, Pressen, Prägen mit einer Maschine
Beispielsweise ist es beim Prägen oder Tiefziehen erforderlich, dem Metall genügend Zeit für den Umformprozess zu gegeben. „Bei einem elektronisch gesteuerten Antrieb kann dazu das Bewegungsprofil ganz ohne Umbauten oder mechanisch aufwändige Konstruktionen durch den Maschinenbediener mit Hilfe der Steuerungssoftware so modifiziert werden, dass der Stößel am unteren Todpunkt, an dem die Presskraft am größten ist, verzögert wird, ohne dass der Prozess insgesamt langsamer laufen muss“, erklärt Stefan Egenolf, der die Elektroabteilung von mabu-pressen leitet.
Sein Kollege Günter Lezius fasst zusammen, was das für den Maschinenbetreiber bedeutet: „Auf einer mabu Servopresse kann im Vergleich zu einer gewöhnlichen Exzenter- oder Hydraulikpresse ein wesentlich größeres Produktspektrum gefertigt werden. Gleichzeitig lässt sich durch den Wechsel zu einer mabu Servopresse in bestimmten Fällen der Durchsatz erhöhen.“
Einfacher und kompakter als konventionelle Pressen
Auf jeden Fall lässt sich der Durchsatz pro Quadratmeter Stellfläche erhöhen. „Weil wir bei der Konstruktion unserer modularen Servopresse „VM“ auf ein Schwungrad und andere verschleißbehaftete Komponenten verzichten konnten, ist die Maschine nicht nur weitgehend wartungsfrei, sondern im Vergleich zu konventionellen Pressen auch wesentlich einfacher und kompakter aufgebaut“, unterstreicht Stefan Egenolf. „Auf der Stellfläche einer vergleichbaren Exzenterpresse bekommen wir jetzt fast zwei der VM-Module unter - entsprechend höher ist der Durchsatz.“
Der eigentliche Clou der mabu Lösung ist aber, dass sich mehrere VM-Module zu einem Bearbeitungszentrum verbinden lassen. „Da wir dabei die torsionsbehaftete mechanische Königswelle einer Langbettpresse durch die elektronische Entsprechung ersetzen, ist die gesamte Bearbeitung präziser. Zudem lassen sich zwischen die VM-Module andere Bearbeitungsmaschinen einfügen. Der Anlagenbetreiber kann daher sein Bearbeitungszentrum maßgeschneidert und individuell zusammenstellen“, unterstreicht Günter Lezius.
Ein weiterer Pluspunkt des mabu VM-Direktantriebs ist, dass sich die Presskraft ganz ohne Presskraftsensor überwachen lässt. „Die sonst nur mit einem speziellen Werkzeugüberwachungssystem inklusive zusätzlicher Sensorik erkennbaren Probleme wie Werkzeugbruch und Stanzbutzen lassen sich dank der Servotechnik direkt ermitteln und mit der Pressensteuerung überwachen.“
Servotechnik hält Einzug in mittlere und kleine Pressen
Trotz dieser Vorteile haben in der Vergangenheit der hohe Preis und das kleine Angebot an leistungsstarken Torquemotoren verhindert, dass die Servotechnik auch in mittleren und kleinen Pressen zum Tragen kommen konnte, meint der Konstruktionsleiter von mabu: „Dieser Motortyp war noch vor wenigen Jahren ein absoluter Exot und entsprechend teuer. Mittlerweile hat sich dieses Problem entschärft und die Technik in der Praxis bewährt. Einem Einsatz dieser fortschrittlichen Technologie steht nun auch im mittleren und unteren Tonnagenbereich nichts mehr entgegen.“
Aber dies war nicht die einzige Hürde, die es für die mabu Ingenieure zu nehmen galt. Die Anforderungen an die Performance und das Zusammenspiel von Leistung- und Steuerungselektronik sowie Sicherheitstechnik sind bei dieser Anwendung extrem hoch. So muss die Elektronik sicherstellen, dass bei mehreren hintereinandergeschalteten VM-Modulen nicht alle zur gleichen Zeit den Spitzenstrom ziehen, um eine Überlastung zu vermeiden bzw. mit den verfügbaren Ressourcen effizient umzugehen.
Durchgängige Lösung vom Antrieb bis zur Steuerung
Die passende Lösung hierfür hat mabu-pressen bei B&R gefunden: Für das nötige Drehmoment sorgt ein wassergekühlter Torque Motor aus der Geräteserie 8LT. Die Spitzenleistung bei 88 Ampere liefert ein ACOPOSmulti Servoverstärker in Kombination mit zwei wassergekühlten Einspeiseeinheiten à 88 Ampere. „Der Vorteil ist hier, dass wir je nach Konfiguration mehrere ACOPOS Module aneinanderreihen und mit Rückspeise- und Kondensator-Modulen arbeiten können“, urteilt Stefan Egenolf.
Als Pluspunkt der B&R Lösung bewertet der Elektroexperte von mabu auch die SafeMC Funktionen: „Damit stehen im Antrieb Sicherheitsfunktionen zur Verfügung, die wir zur Absicherung der Maschine benötigen wie ‚sicher reduzierte Geschwindigkeit’, ‚sichere maximale Geschwindigkeit’ und ‚sicher begrenztes Schrittmaß’. Zugleich fügt sich SafeMC nahtlos in das Konzept der integrierten Sicherheit ein, dass wir bei unserer modernen Maschinensteuerung mPC400 nutzen.“
Das Herzstück der Steuerung bildet ein B&R Industrie PC APC620 embedded, an den via SDL Schnittstelle ein 19 Zoll Touch Display aus der Power Panel Familie von B&R angeschlossen ist. Als dezentrales I/O System haben die mabu Experten das X20 System von B&R mit integrierter Sicherheit gewählt, über das die Sicherheitskomponenten der Maschine in das Steuerungssystem eingebunden sind.
Stufenlose Hubverstellung
Die mit Hilfe von Visual Components entwickelte intuitive und grafikorientierte Benutzerschnittstelle kommt ganz ohne Folientasten aus und präsentiert alle wichtigen Funktionen und Parameter auf einen Blick. Dazu gehört die Hub- und Stößelverstellung, mit der der Maschinenbediener den gewünschten Hub bequem und einfach wählen kann.
„Auch diese Funktion wurde erst durch die Servotechnik möglich“, fügt Günter Lezius an. „Mit Hilfe der Elektronik können wir den Motor pendeln lassen und so jeden Hub zwischen Null und dem Maximalhub realisieren.“
Das erste VM-Modul mit einer Nennpresskraft von 250 kN erreicht dabei bis zu 400 Hübe pro Minute. Der Werkraum der Presse ist 400 mm breit und 500 mm tief. Der Pressenspezialist mabu plant, weitere Baugrößen mit unterschiedlicher Motorisierung auf den Markt zu bringen und so Presskräfte von 10 bis 630 kN abzudecken.
Modulare Servopresse für den universellen Einsatz
Flexibel an unterschiedliche Anforderungen anpassbar
- von Bernecker + Rainer Industrie-Elektronik
- April 18, 2011
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