In Deutschland werden in etwa 200.000 metallverarbeitenden Betrieben Kühlschmierstoffe im Rahmen von spanenden und umformenden Fertigungsprozessen eingesetzt. Sie sind bei der Be- und Verarbeitung von Metallen unverzichtbar. Dem steht gegenüber, dass Kühlschmierstoffe bei unachtsamem Umgang für die im Prozess beschäftigten Personen gesundheitliche Gefahren bergen können.
Unter Kühlschmierstoffen (KSS) versteht man Flüssigkeiten, die bei Fertigungsverfahren der umformenden, trennenden und spanenden Be- und Verarbeitung von Werkstoffen eingesetzt werden. Ihre Aufgabe ist es, bei den Fertigungsprozessen u.a. das Werkzeug zu kühlen, Reibung zwischen Werkstück und Werkzeug zu vermindern, den Verschleiß des Werkzeugs zu verringern und/oder Späne abzuführen.
Aus der Vielzahl der Einsatzfelder resultieren auch viele Arten und unterschiedliche Zusammensetzungen der Kühlschmierstoffe.
Die Kühlschmierstoffe lassen sich nach den folgenden Grafiken einteilen: Die Primärstoffe definieren die KSS in ihrem ursprünglichen Zustand, die Sekundärstoffe entstehen während des Gebrauchs ungewollt bzw. werden zugefügt.
Gefahren durch Kühlschmierstoffe
Neben den allgemeinen Verunreinigungen am Arbeitsplatz kommt es in der Umgebungsluft der flüssigen Kühlschmierstoffe zur Dampf-, Rauch- und Aerosolbildung. Dies birgt die Gefahr, dass die Partikel auf den Bediener einwirken, wobei folgende Mechanismen in Kraft treten:
Aufnahme über die Atemwege:
In Aerosolen enthaltene Tröpfchen mit einem Durchmesser über 100 µm werden in der Regel nur zu einem geringen Teil eingeatmet. Dagegen erreichen Partikel, die kleiner als 5 µm sind, die unteren Atemwege. Weniger als 2 bis 2,5 µm messende Tröpfchen dringen sogar bis in die Lungenbläschen vor.
Aufnahme über den Verdauungstrakt:
Größere Tröpfchen setzen sich in der Nase, Luftröhre und den Bronchien ab und können in der Folge auch verschluckt werden.
Hautkontakt:
Die natürliche Schutzfunktion der Haut wird beeinträchtigt Infolge der beschriebenen Mechanismen kann es zu den nachfolgenden Auswirkungen auf den menschlichen Körper kommen:
Irritative Effekte:
Reizungen der Haut, Atemwege und Schleimhäute, Bindehautentzündungen, Schwindel, Erregungszustände, evtl. Euphorie
Allergisierende Wirkung:
Toxisch-degeneratives Kontaktekzem, allergisches Kontaktekzem, in seltenen Fällen Bronchialasthma
Toxische Wirkung:
Veränderungen an Organen, Nervenschädigung durch Aufnahme von Substanzen über die Haut
Krebserzeugende Reaktion:
Entstehung verschiedener Krebsarten sowie die von Tumoren des Gehirns und der Atemorgane
Erbgutverändernde Effekte:
Genschädigung durch Nebel nichtwassermischbarer Kühlschmierstoffe und Nitrosamine
Weitere Gesundheitsgefahren können durch Mikroorganismen entstehen, die vorzugsweise in wassergemischten Kühlschmierstoffen siedeln. Diese Mikroorganismen sind hauptsächlich an Aerosole gebunden, daher ist eine effiziente Aerosolabscheidung zwingend. Bakterien und Pilze können zu einer Schwächung des körpereigenen Immunsystems führen und Allgemeinerkrankungen hervorrufen.
Kontinuierliche Weiterentwicklung und Forschung zur besseren Abscheidung von Kühlschmierstoffen - warum?
Moderne Bearbeitungszentren und Werkzeugmaschinen zeigen seit einigen Jahren den Trend zu immer höheren Wellenleistungen und Zerspanungsgeschwindigkeiten mit der Folge höherer Schadstoffemissionen und kleinerer Partikel.
Aus der Tatsache der fortschreitenden Entwicklung der spanenden Bearbeitung, folgert unmittelbar die Notwendigkeit, auch bei der Abscheidung von Kühlschmierstoffen weiter zu forschen, um auch zukünftig Arbeitsschutz unter sich verändernden technischen Rahmenbedingungen zu gewährleisten.
Das Unternehmen United Air Specialists Inc. hat unter diesen Aspekten im Frühjahr 2009 erfolgreich einen hochmodernen Teststand am Standort Bad Camberg in Deutschland in Betrieb genommen, um die Entwicklungsaktivitäten auf dem Gebiet der elektrostatischen und mechanischen Ölnebel- und Emulsionsfilter zur Abscheidung von Kühlschmierstoffen zu verstärken.
Aufbau des Versuchsfeldes
Der Aerosolgenerator (Typ PLG 2300 der Fa. Palas), der den Anforderungen der VDI Richtlinie 3491 entspricht, erzeugt feinsten Nebel aus Flüssigkeiten (Kühlschmierstoffe), der über einen Diffusor in den Luftstrom der Prüfstrecke gebracht wird. Der Generator arbeitet nach dem Laskin-Prinzip: Eine Düse zerstäubt dabei ein Prüfmedium (z.B. Kühlschmierstoff Di-Ethyl-Hexyl-Sebacat DEHS oder Weichmacher Dioctylphtalat DOP) mittels Druckluft aus dem eigenen Hausnetz.
Um hohe Aerosolkonzentrationen von bis zu 100 mg/m³ in der Prüfstrecke erzeugen zu können, kann sowohl der Vordruck der Druckluft über ein Nadelventil (1-8bar ü) adjustiert als auch die Temperatur des Prüfmediums in dem Flüssigkeitsbehälter innerhalb des Generators temperiert (20–80°C) werden.
Die Solltemperatur des Prüfmediums wird mit Hilfe eines Temperaturfühlers auf die gewünschte Temperatur geregelt. Zudem überwacht ein Sensor den Füllstand der Flüssigkeit im Behälter, der bei Unterschreiten eines Grenzwertes eine Schlauchpumpe aktiviert, um den Behälter automatisch zu befüllen, damit auch langfristige Standzeitmessungen des Filters in der Prüfstrecke absolviert werden können.
Das Partikelspektrum – gemessen mit dem Schmierstoff DEHS – unterliegt einer Gaußschen Normalverteilung, der Median der Partikelanzahl liegt bei 0,3–0,4 µm. Bei der Inbetriebnahme konnte gezeigt werden, dass sowohl Partikelanzahl und -verteilung bei identischen Versuchsbedingungen zeitlich konstant und reproduzierbar sind. Dieses Partikelspektrum deckt sich mit Ergebnissen, die an modernen Werkzeugmaschinen (Dreh-, Fräs- und Schleifmaschinen) mit hoher Wellenleistung gemessen wurden und spiegelt somit reale Betriebsbedingungen wider.
Die Probenahme aus der Rohrleitung erfolgt isokinetisch, d.h. ein Teilstrom wird über eine Düse mit gleicher Geschwindigkeit aus dem Luftstrom abgesaugt und zum Partikelsensor geführt. Die Düsen sind aus Edelstahl gefertigt und entsprechen der Europäischen Norm EN 13284-1.4. Die Probenahme erfolgt außerdem in elektrisch-leitfähigen Kunststoffschläuchen, damit es zu keiner Abscheidung durch elektrostatische Aufladung in den Schläuchen kommt. Zudem wurde darauf geachtet, dass die Probenahmestrecke vertikal verläuft und kurz ist, um zu verhindern, dass gröbere Partikel sedimentieren oder sich entmischen.
Das Messgasvolumen wird über die Steuerungselektronik (Typ welas 3000 der Fa. Palas) geregelt und überwacht. Die Partikelmessungen erfolgen über optische Weißlicht-Aerosolspektrometer (Typ welas 3000 der Fa. Palas). Der Partikeldurchmesser wird dabei über die Streulichtintensität bestimmt und die Impulse über einen definierten Zeitraum gezählt, um eine statistische Absicherung der Ergebnisse zu erhalten.
Das Ergebnis ist ein Verteilungshistogramm mit hoher Auflösung, welches die Partikelanzahl der Probenahme in Abhängigkeit des Durchmessers darstellt. Dieses Verteilungshistogramm erlaubt die Messung fraktioneller Abscheidegrade, wenn sowohl ein Sensor auf der Rohgas- als auch auf der Reingasseite verwendet wird.
Wichtig zur Probenentnahme: Isokinetik
Die Absaugung aus dem Gasstrom in der Rohrleitung erfolgt mit identischer Geschwindigkeit isokinetisch). So kann eine genaue Konzentration gemessen werden. Bei einer Absaugung mit höherer Geschwindigkeit (hyperkinetisch) würde eine zu geringe Konzentration aufgrund der Trägheit der Partikel gemessen werden. Umgekehrt würde bei einer Absaugung mit kleinerer Geschwindigkeit (hypokinetisch) eine zu hohe Konzentration gemessen werden.
Typische Fehlerquellen bei der Partikelmessung, wie z.B. Randzonen- oder Koinzidenzfehler, sind aufgrund der Weißlichtquelle, 90° Streulichtdetektion und T-Blendentechnologie eliminiert.
Die Weißlicht-Aerosolspektrometer können Konzentrationen von bis zu 100.000 Partikel pro cm³ detektieren. Da die Filterelemente im Prüffeld auch sehr hohen Konzentrationen von bis zu 100 mg /m³ Schadstoff unterzogen werden, die bei modernen Werkzeugmaschinen mit hoher Wellenleistung auftreten können, muss das Messgas auf der Rohgasseite mittels einer Verdünnungskaskade (Typ DC 10000 iP der Fa. Palas) und Seitenkanalverdichter (Typ SE3 der Fa. Elektror) entsprechend verdünnt werden. Der Verdünnungsfaktor fließt in die Konzentrationsberechnung der Rohgaskonzentration automatisch ein. Der Messfehler durch die Verdünnungskaskade ist < 5%.
Die Prüfstrecke dient zum Test von Filtern mit elektrostatischen und mechanischen Filterelementen. Diese können wahlweise auch mit oder ohne Vorfilter getestet werden.
Der direktbetriebene Ventilator regelt den Volumenstrom mittels Frequenzumrichter (Typ Varispeed E7 der Fa. Omron) auf einen gewünschten Sollwert (Frequenz). Der Abgleich mit dem Istwert erfolgt über einen Vortex-Strömungssensor (Typ VA40 der Fa. Höntzsch), der werkseitig kalibriert ist. Überprüft wurde diese Kalibrierung durch ein digitales Prandtl-Strömungsrohr (Typ ManoAir der Fa. Schiltknecht). Der quadratische Korrelationskoeffizient der Kennlinie beträgt R² = 0,999. Zur Absicherung wird die Kalibrierung regelmäßig überprüft.
Der Druckverlust der Filterelemente – insbesonders wichtig bei mechanischen Filtersystemen – kann über einen Differenzdrucksensor aufgezeichnet und überwacht werden. Über eine digitale Wetterstation (Temperatur, rel. Luftfeuchte) werden die klimatischen Bedingungen im Labor protokolliert.
In der nächsten Ausbaustufe wird der Prüfstand um ein digitales Oszilloskop erweitert, um hochfrequente Messungen (Strom- und Spannung) des Ionisators und Kollektors im elektrostatischen Abscheider durchzuführen. Dies erlaubt wertvolle Rückschlüsse bei Langzeituntersuchungen von Prototypen. Zudem sind Emulsionsmessungen geplant. Dazu ist eine Isolierung/Temperierung der Prüfstrecke notwendig.
Zusammenfassung
Der Prüfstand erlaubt den Test und die Entwicklung von elektrostatischen und mechanischen Filterzellen in Anlehnung an einschlägige Richtlinien.
Die Tests können an Originalzellen erfolgen – somit können Messfehler infolge eines Down-Scaling von Testfiltern ausgeschlossen werden.
Bei der Konzeption der Prüfstrecke wurde berücksichtigt, dass auch extreme Schadstoffbelastungen von bis zu 100 mg/m³ getestet und fraktionelle Abscheidegrade im unteren Sub-Mikrometerbereich (0,3 – 10 µm) bestimmt werden können. Angaben eines gravimetrischen Gesamtabscheidegrades – wie es in der Praxis oft geschieht, sind für die Beurteilung der Qualität eines Filters nicht ausreichend und können zu falschen Interpretationen führen.
Damit wird der Teststand auch den Anforderungen moderner Werkzeugmaschinen hinsichtlich Schadstoffkonzentration und Partikelspektrum gerecht, deren Bearbeitung der Werkstücke mit hoher Wellenleistung der Maschine erfolgt. Insbesondere Aerosole, die kleiner als 1 – 2 µm sind und vom menschlichen Auge nicht mehr wahrgenommen werden, weisen die höchste Gefährdung für Arbeitnehmer auf, da diese Partikel in die Lungenbläschen der Lunge (Alveolen) eindringen und somit in die Blutbahn gelangen können. Für diese Teilchen lässt sich keine genaue Größe angeben, sondern lediglich eine Größenverteilung.
Beschrieben wird dieser Bereich in der DIN EN 481. Die Kurve für die A-Fraktion stellt somit die Wahrscheinlichkeit dar, mit der Teilchen mit einem bestimmten aerodynamischen Durchmesser in den Alveolen abgeschieden werden.
Der Prüfstand erlaubt, den Fokus stärker auf die Abscheidung dieser feinen und gesundheitsgefährdenden Partikel zu legen, die mit konventionellen Handmessgeräten nicht zu messen sind.
Zudem ermöglicht der Teststand, zugeschnittene Lösungen für Werkzeugmaschinenhersteller „inhouse“ zu entwickeln, um effektive und effiziente Filterlösungen zu präsentieren.
Ölnebel- und Emulsionsabscheidung
- von UAS United Air Specialists, Inc.
- Oktober 20, 2010
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