PFAS-Chemikalien sind giftig, sie verschmutzen dauerhaft Wasser und Boden und reichern sich über die Nahrung und verbrauchernahe Produkte in Mensch und Tier an. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat daher im Februar 2023 den Vorschlag für ein Verbot der Herstellung, der Verwendung und des Inverkehrbringens, einschließlich der Einfuhr, von PFAS im Europäischen Wirtschaftsraum veröffentlicht. Die Halbleiterindustrie sieht das drohende PFAS-Verbot kritisch, denn dort kommen diese Chemikalien unter anderem in Ätz- und Reinigungsprozessen zum Einsatz, aber beispielsweise auch als Membranen und Gehäuse in Filtern. Laut vielen Herstellern sind die langlebigen per- und polyfluorierten Chemikalien bislang alternativlos, die Produktion der meisten Halbleiterprodukte sei dann nicht mehr möglich. Forscherinnen und Forschern des Fraunhofer IAP in Potsdam ist es nun gelungen, für einen Zulieferer der Halbleiterbranche eine PFAS-freie Membran aus konventionellen, spezifisch stabilisierten Polymeren zu entwickeln, die PFAS-Membranen ersetzen kann. Die Membran aus dem Polymer Polyacrylnitril (PAN) zeichnet sich durch eine hohe chemische und mechanische Stabilität aus. Zudem weist sie einen extrem kleinen Porendurchmesser von etwa sieben Nanometern auf. Das ist erforderlich, um partikuläre Verunreinigungen aus der Produktion abzutrennen und die für den Prozess notwendigen Betriebsflüssigkeiten wie Säuren und Lösemittel zu filtrieren und zu recyceln. Die Membran kann kundenspezifisch angepasst werden, so dass sich das neue Verfahren einfach in bestehende Anlagen zur Herstellung der nächsten Chipgeneration integrieren lässt.
Verunreinigungen müssen vermieden werden
„Beim Herstellen von Chips finden unzählige Prozessschritte wie Sägen, Reinigen, und Planarisieren statt, um die Strukturen auf die Wafer aufzubringen. Bei all diesen Operationen fallen partikuläre Verunreinigungen an, die bei jedem Prozess abgetrennt werden müssen, da sie sonst die Herstellung der nanometergroßen Strukturen schädigen würden“«, erläutert Dr. Murat Tutus, Ingenieur am Fraunhofer IAP und Leiter der Abteilung „Membranen und funktionale Folien“. Dem Team um Murat Tutus ist es gelungen, eine chemisch und mechanisch hochstabile Membran aus konventionellem Polymer zu realisieren, die Partikel mit einer Porengröße von nur sieben Nanometern heraussieben kann. Zum Vergleich: In der Medizintechnik werden zur sterilen Filtration Filter im Größenbereich von 220 Nanometern verwendet. „Das Polymer konnten wir durch eine weitere, von uns patentierte Komponente chemisch modifizieren und auch für harsche Prozessbedingungen stabilisieren“, sagt der Forscher.
Zudem standen die Forschenden vor der Aufgabe, eine Verteilung der Porengröße zu erzielen, die nur geringfügig von den sieben Nanometern abweichen sollte. Darüber hinaus sollte die Membran hoch durchlässig sein. „Das Maß der Durchlässigkeit definiert die Anzahl der Poren auf der Oberfläche. Je kleiner die Poren sind, desto geringer fällt die Durchlässigkeit aus. Daher mussten wir im zweiten Schritt bei konstanter Porengröße die Anzahl der Poren erhöhen, um so die Permeabilität zu steigern“, erläutert Tutus.
Herstellung der Membran mit REACH-konformen Lösemitteln
Da sich die Membran über die Porengröße und die Durchlässigkeit kundenspezifisch anpassen lässt, kann sie einfach auf unterschiedlichste Anwendungen in anderen Branchen angepasst werden. Der Vorteil der Anpassung einer Membran: Bestehende Anlagen lassen sich weiter nutzen, Mitarbeitende müssen nicht fortgebildet werden. Großes Potenzial für ihre Entwicklungen sehen Dr. Tutus und sein Team vor allem in der pharmazeutischen und der chemischen Industrie, wo ebenfalls mit aggressiven Lösemitteln gearbeitet wird. Bei der Herstellung der Membran selbst werden nachhaltige, REACH-konforme (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) Lösemittel verwendet, der komplette Produktionsprozess ist bei niedrigen Temperaturen nachhaltig gestaltet. Die Membran wird im NIPS-Verfahren, kurz für nicht-lösungsmittelinduzierte Phasentrennung, erzeugt, wobei die Forschenden auch die Morphologie, also die Druckstabilität der Membran, anpassen können.