Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im industriellen Sektor konzentriert sich vornehmlich auf drei Hauptziele: Automatisierung von Prozessen, Mustererkennung in großen Datenmengen und Unterstützung bei Entscheidungsprozessen. Im Bereich Automatisierung werden die Grenzen durch KI enorm erweitert, was zu einer erheblichen Steigerung der Produktivität führen kann. So können beispielsweise Programmieraufgaben durch maschinelles Lernen deutlich stärker als bisher automatisiert werden.
Die Mustererkennung ermöglicht es, aus großen Datenmengen wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen. Dies ist besonders nützlich in Bereichen wie der Qualitätskontrolle, wo KI-Systeme Unregelmäßigkeiten erkennen können, die für menschliche Inspektoren schwer zu identifizieren sind. Beispielsweise können in der Automobilindustrie Lackierroboter mit KI-Unterstützung sicherstellen, dass die Lackierung jedes Fahrzeugs den Qualitätsstandards entspricht, indem sie Oberflächenfehler erkennen, die sonst unbemerkt bleiben würden.
Die Entscheidungsunterstützung durch KI bietet Unternehmen die Möglichkeit, fundierte Entscheidungen basierend auf einer Analyse von Echtzeitdaten zu treffen. In der Logistik kann KI zum Beispiel zur Optimierung der Lieferketten verwendet werden, indem sie die effizientesten Routen vorschlägt oder unerwartete Verzögerungen vorhersagt. Dies führt zu einer verbesserten Planung und einem reduzierten Risiko von Lieferengpässen.
Durch maschinelles Lernen kann zudem die Erkennung und Durchführung von Instandhaltungsbedarfen verbessert werden. Automatisierte Instandhaltungssysteme können beispielsweise den Verschleiß kritischer Maschinenteile überwachen und proaktiv Wartungsarbeiten planen, was die Lebensdauer der Maschinen verlängert und kostspielige Ausfallzeiten reduziert.
Insgesamt ermöglicht der strategische Einsatz von KI im industriellen Umfeld eine signifikante Steigerung der Effizienz und eine Optimierung von Abläufen, was letztendlich zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit führt. Aber wie können diese Potentiale konkret gehoben werden?
Erfolgsfaktor Vorbereitung
Für die erfolgreiche Implementierung und Nutzung von Künstlicher Intelligenz im industriellen Umfeld ist es unerlässlich, dass Unternehmen eine gründliche Kenntnis ihrer eigenen Prozesse, Abläufe und Systeme besitzen. Diese tiefgehende Verständnisbasis ist die Grundvoraussetzung dafür, überhaupt einschätzen zu können, in welchen Bereichen und auf welche Weise KI-Lösungen einen Mehrwert bieten könnten.
Zu Beginn steht die Analyse und Dokumentation der aktuellen Prozesslandschaft. Unternehmen müssen detailliert verstehen, wie ihre operativen und administrativen Prozesse ablaufen, welche Schnittstellen existieren und wie die Datenflüsse organisiert sind. Dies beinhaltet ein Verständnis für die in den Prozessen verwendeten Maschinen und Software-Stände, aber im individuellen Fall zum Beispiel auch für die Lagerhaltung, die verwendeten Werkzeuge und vieles andere mehr. Eine solche umfassende Bestandsaufnahme ermöglicht es, potentielle Einsatzgebiete für Automatisierung und Effizienzsteigerung durch KI zu identifizieren.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Datenmanagement. KI-Systeme benötigen große Mengen an qualitativ hochwertigen Daten, um effektiv zu lernen und zu funktionieren. Unternehmen müssen daher sicherstellen, dass sie Zugang zu zuverlässigen, sauberen und strukturierten Daten haben. Dies kann bedeuten, dass bestehende Datenquellen bereinigt oder neue Datenakquisitionsstrategien entwickelt werden müssen.
Nachdem die internen Prozesse und Datenanforderungen geklärt sind, ist es essenziell, eine realistische Abschätzung der Kosten und des Nutzens verschiedener KI-Projekte vorzunehmen. Dabei sollten nicht nur die direkten Kosten für die Entwicklung und Implementierung der KI berücksichtigt werden, sondern auch indirekte Kosten, wie die Schulung der Mitarbeiter und mögliche Betriebsunterbrechungen während der Implementierungsphase.
Sorgfältige Auswahl passender Projekte
Ein weiterer entscheidender Schritt ist die sorgfältige Auswahl der KI-Projekte. Unternehmen sollten mit Projekten beginnen, die einen klaren und messbaren Mehrwert bieten und gleichzeitig das Risiko eines Misserfolgs minimieren. Beispielsweise könnte ein Projekt zur automatischen Erkennung von Fertigungsfehlern in einer Produktionslinie nicht nur die Qualität verbessern, sondern auch Kosten sparen, indem Ausschuss reduziert wird.
Change-Management spielt spätestens bei der Projekt-Umsetzung eine entscheidende Rolle, sollte aber bei der Projektauswahl bereits mitgedacht werden. Die erfolgreiche Implementierung von KI-Projekten erfordert oft tiefgreifende Veränderungen in den Arbeitsabläufen und der Unternehmenskultur. Alle Stakeholder, von der Geschäftsführung bis zu den Endbenutzern, müssen in den Veränderungsprozess einbezogen und über die Vorteile und die Funktionsweise der neuen Systeme aufgeklärt werden. Geschieht dies bereits bei der Projektauswahl und -planung, hilft dies Widerstände abzubauen und die Akzeptanz und Nutzung der KI-Lösungen zu fördern.
Insgesamt benötigen Unternehmen, die KI erfolgreich im industriellen Umfeld einsetzen möchten, eine solide Basis aus genauer Kenntnis ihrer Prozesse und Abläufe, qualitativ hochwertigen Daten, sorgfältiger Projektselektion und effektivem Change Management. Nur so können sie sicherstellen, dass die KI nicht nur technisch implementiert, sondern auch effektiv genutzt wird, um echten Mehrwert zu schaffen.
Strukturierte Umsetzung von KI-Projekten
Künstliche Intelligenz mag neu sein und zu großen Veränderungen im industriellen Umfeld führen – der Werkzeugkasten für (digitale) Transformationen ist längst bekannt: Systems Engineering bietet einen mächtigen Rahmen und vielfältige Methoden für die strukturierte Umsetzung von KI-Projekten im industriellen Umfeld. Durch den modellbasierten Systemansatz ermöglicht Systems Engineering eine ganzheitliche Betrachtung komplexer Systeme. Dieser Ansatz erleichtert das Verständnis, wie einzelne Komponenten innerhalb eines industriellen Systems interagieren, und bietet eine strukturierte Methode zur Problemlösung und Optimierung.
Ein zentraler Bestandteil des Systems Engineering ist das strukturierte Anforderungs- und Risikomanagement. Unternehmen können damit präzise definieren, welche spezifischen Ziele sie mit dem Einsatz von KI erreichen wollen, und gleichzeitig Risiken frühzeitig identifizieren und bewerten. Dies ist besonders wichtig, da KI-Projekte oft Neuland betreten und somit unvorhergesehene Herausforderungen mit sich bringen können.
Die iterative Entwicklung und kontinuierliche Verbesserung sind ebenfalls entscheidende Methoden im Systems Engineering, die besonders bei KI-Projekten zur Anwendung kommen. Diese Ansätze ermöglichen es, Projekte in kleineren, überschaubaren Phasen zu entwickeln, die es erlauben, regelmäßig Feedback zu sammeln und die KI-Systeme entsprechend anzupassen. Diese Flexibilität ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die KI-Anwendungen auch wirklich den Bedürfnissen des Unternehmens dienen.
Neben Systems Engineering ist das bereits erwähnte Change-Management ein unverzichtbarer Bestandteil der erfolgreichen Implementierung von KI-Projekten. Um alle Stakeholder – von der Entscheidungsebene bis in den operativen Bereich – erfolgreich auf die Reise der digitalen Transformation mitzunehmen, müssen Veränderungen sorgfältig geplant und kommuniziert werden. Dies schließt eine umfassende Schulung der Mitarbeiter mit ein, um sicherzustellen, dass sie nicht nur die technischen Aspekte der KI verstehen, sondern auch deren Potenzial und Vorteile erkennen.
Insgesamt bietet Systems Engineering robuste und erprobte Methoden, die Unternehmen dabei helfen können, die Komplexität von KI-Projekten zu bewältigen und diese erfolgreich im betrieblichen Alltag zu integrieren.
Autor: Johannes H. Diedrich, Bereichsleiter Industrieprojekte der Synostik GmbH