• Sensorik
    Sensorik

Nahrungs- und Genussmittel-Konzerne produzieren weltweit, arbeiten aber oft mit zentralisierten Einkaufsabteilungen. Wer in diesen Unternehmen mit Mess-, Steuer- und Regeltechnik erfolgreich sein will, muss Produkte liefern, die den unterschiedlichsten Standards auf dieser Erde entsprechen. Das hat erhebliche Konsequenzen.Die meisten Normen und Standards sind länderspezifisch, also in den lokalen Märkten unterschiedlich. Deshalb ist die Präsenz in den verschiedenen Regionen bzw. Zielmärkten eine der wichtigsten Voraussetzungen für globale Liefermöglichkeiten.
Nur so lassen sich ausreichende Informationen über die notwendigen Standards und Zulassungen effizient beschaffen und in den Konstruktions- und Entwicklungsabteilungen realisieren. Nicht zuletzt deshalb gehören Produkte deutscher Unternehmen mit ihrer traditionellen Export-Orientierung im internationalen Vergleich zu den führenden
Erzeugnissen. Der relativ kleine Binnenmarkt hat hier eine Form globaler Kundenorientierung entstehen lassen, die gegenüber den an großen nationalen Märkten (z.B. USA) ausgerichteten Unternehmen erhebliche Vorteilemit sich bringt.

In puncto Zertifizierung gehen viele Länder oder Regionen ihre eigenen Wege. Der Wert einer in Europa absolut notwendigen ATEXZulassung ist in Amerika oder Asien ziemlich unerheblich. Leider lassen sich die über den Globus verteilten Anforderungen nirgends auf einen gemeinsamen Nenner bringen.

Neben unterschiedlicherSicherheitsphilosophien und technischer Traditionen kommen Hemmnisse durch länderspezifische Gesetze und Vorschriften, die das Ziel verfolgen, eigene Hersteller zu bevorzugen bzw. eigene Märkte zu schützen.
Das führt dann dazu, dass international in der Nahrungs- und Genussmittel-Industrie einsetzbare Produkte tendenziell als „overengineered“ einzustufen sind. In der Konsequenz sind sie relativ teuer, denn sie müssen einer Vielzahl von regionalen Anforderungen gerecht werden – bis hin zur Variantenvielfalt beim Typschild. Damit verbunden ist auch noch entsprechender Aufwand für Dokumente und Dokumentation. Ein positives Ergebnis dieser – von der Kostenseite her betrachtet vielleicht eher misslichen – Lage ist der Einsatz robuster Technologien. In den einzelnen Disziplinen haben sich Verfahren durchgesetzt, die besonders für weltweiten, universellen Einsatz geeignet sind. So ist man dann auf dieser Ebene dem Anwenderwunsch nach „one fits all“ näher gekommen. Beispiele dafür sind Platin-Messwiderstände zur Temperaturmessung, glasgebundene Sensoren für die Analysenmesstechnik und elektronische Messumformer mit Standardsignalen.

Angewandte Temperaturmesstechnik
Die Langzeitstabilität der Platin-Technologie zusammen mit der international genormten Widerstand- /Temperatur-Kennlinie sind zweifellos zukunftssichere Grundlagen der Temperaturmesstechnik. Dazu kommt das aus dem praktischen Einsatz in vielen Ländern der Erde angesammelte Wissenbezüglich unterschiedlichster Prozessanschlüsse, Schutzrohre und Materialien. Wissen, das natürlich allen Kunden bei der Suche nach applikationsoptimierten Lösungen zur Verfügung steht.
Ein beachtlicher Teilder eigenen Platin-Sensorproduktion findet im Hause Jumo seine direkte Anwendung in der Herstellung und Konfektionierung einer Vielzahl voneinbaufertigen Widerstandsthermometern. Die mittlerweile deutlich über 10.000 Typvarianten – die meisten kundenspezifisch – sind in unterschiedlichsten Maschinen und Anlagen der Prozesstechnik im Einsatz.

Ein Sonderfall sind Prozessthermometer für durch Gas oder Staub explosionsgefährdete Bereiche, zum Beispiel für Mehl- und Getreidesilos. Hier treten bisweilen zündfähige Staub-/Luftgemische auf, so dass bei der gesamten Konstruktion diverse Richtlinien für den Explosionsschutz, in Europa zum Beispiel nach ATEX, zu berücksichtigen sind.
Anwendungen finden sich bei der Lagerung von explosionsfähigen festen, gasförmigen oder flüssigen Stoffen, beim Mischen und Dosieren in Rührwerken oder in Destillier- und anderen Trennvorgängen. Als Ergänzung zur Fertigung im Stammhaus werden in den ausländischen Niederlassungen länderspezifische Ausführungen kundennah und schnell produziert. In Nordamerika kommen überwiegend Thermoelemente statt Widerstandsthermometer zum Einsatz.
Unterschiedlich sind europa- und weltweit auch die verwendeten Leitungen, Materialien, Farbkennzeichnungen und Einheitensysteme. Ebenso anders sind Gewinde, d.h. die gesamte mechanische Adaption so wie die elektrischen Anschlüsse.

Seit 1992 verfügt Jumo über ein DKDLaboratorium für die Messgröße Temperatur. Hier können Widerstandsthermometer, Thermoelemente, direktanzeigende Thermometer, Datenlogger und Blockkalibratoren kalibriert werden. Im Jahr 2004 wurde zusätzlich ein COFRAC-Kalibrierlaboratorium (Comité Francais d’Accréditation) in Frankreich eingerichtet.

Analysenmesstechnik
Zu den am häufigsten beobachteten chemischen Messgrößen gehören pH-Wert, Redox-Potenzial und Leitfähigkeit, gefolgt von Sauerstoff, Chlor, Chlordioxid, Ozon oder Ammoniak. Für Messungen in stark verschmutzten oder sulfidhaltigen Medien der Wasseraufbereitung oder auch für Suspensionen der Prozess- und Lebensmitteltechnik stehen robuste, glasgebundene pHWert-Messsonden zur Verfügung. Versehen mit einem Ringspaltdiaphragma und Festelektrolyten auf Polymerbasis erreichen diese Sonden aus Spezialglasanerkannte Standzeiten, trotz erheblicher Dauerbelastung.
Andere Technologien, z.B. der so genannte „glasfreie“ Sensor auf ISFET-Basis haben sich – trotz Wiederauflage nach 25 Jahren – wieder nicht bewährt. Nur mit beträchtlichem Aufwand an zusätzlichen automatisierten Armaturen und Spüleinrichtungen kommt ein Sensor dieser Bauart auf halbwegs akzeptable Standzeiten. Und eines wird oft übersehen: ein ISFET-Sensor hat das gleiche Bezugssystem wie eine Glas-pH-Elektrode – mehr als 80%der verfrühten Elektrodenausfälle gehen auf das Konto des Bezugsystems durch Verschmutzung und Vergiftung.
So ist die Glaselektrode weiterhin der universelle pH-Sensor mit den besten Standzeiten. Diese Erfahrungen sind in allen Ländern gleich.
Optimiert für leicht verschmutzte Messmedien hat Jumo eine Kombisonde zur gleichzeitigen Überwachung der pH- und Redox-Werte entwickelt. Im pH-sensitiven Bereich kommt das bewährte U-Glas zum Einsatz. Leicht zu reinigende Kuppenkontakte aus Gold- oder Platin dienen zur Messung des Redox-Potenzials.

Zur Qualitätsüberwachung von Rein- und Reinstwasser in der Lebensmittelproduktion werden weltweit Leitfähigkeitssensoren mit resistivem oder induktivem Messverfahren eingesetzt. Entsprechend gehören diverse international verbreitete Prozessanschlüsse ins Standard-Lieferprogramm.
Neben Prozessanschlüssen wie Clamp, Milchkegel, Gewinde- und Flanschversionen, SMS usw. findet man auch immer wieder Bauformen mit besonderem hygienischen Design, z.B. Varivent. Es gibt hier weder einen „nationalen“ noch einen „internationalen“ Standard. Die Hersteller müssen liefern können, was die Kunden wünschen.
Allgemein lässt sich sagen, dass die Konstruktion hinsichtlich hygienischem Design den Anforderungen der EHEDG und der FDA entsprechen muss. Die Prozessmessstellen müssen demnach besonders reinigungsfreundlich gestaltet sein und dürfen keinerlei Wechselwirkung mit dem Produkt eingehen. Insbesondere die Oberflächenrauigkeit von Drehteilen oder Schweißnähten darf keinen Raum für Mikroorganismen wie Bakterien, Hefe- oder Schimmelpilze bieten. Ihre typische Größe liegt zwischen 0,1µm und 5µm.

Angewandte Druckmesstechnik
Seit gut einem Vierteljahrhundert liefert Jumo elektronische Druckmessumformer. Heute stehen applikationsbezogen unterschiedliche Sensortechnologien zur Verfügung, u. a. piezoresistive, in Dünnschicht- oder Dickschichttechnik gefertigte DMSElemente. Die Druckmessumformer (Transmitter) mit Messbereichen zwischen 0,6 mbar und 600 bar kommen in vibrationsbelasteten Kompressoren, in Wasser- und Abwassernetzen oder bei der Produktion von Nahrungsmitteln zum Einsatz. Auch hier stehen für den weltweiten Einsatz vielfältige Zulassungen bzw. Prüfbescheinigungen nach ATEX, UL, EHEDG, FDA zur Verfügung. Diverse Prozessanschlüsse und unterschiedliche elektrische Anschlüsse mit analogem oder digitalem Signalausgang spiegeln die vielfältigen Anforderungen auf der Anwendungsseite.

In der Nahrungs- und Genussmittelindustrie werden besondere Hygiene-Anforderungen an den Prozessanschluss gestellt. Für Füllöl, Druckmembrane und Dichtungen sind FDAgelistete unbedenkliche Materialien zu verwenden. Außerdem wird bei Bedarf durch elektrolytisches Polieren eine verbesserte Oberflächenrauheit erzielt. Als Beispiel für neuartige Signalausgänge sei das Feldbussystem CANopen genannt.
Die jüngste Entwicklung in diesem Bereich ist ein intelligenter Kombisensor für Temperatur und Druck mit CANopen-Schnittstelle. Durch interne Vorverarbeitung der Messwerte und weitere Zusatzfunktionen unterstützt dieser intelligente Sensor besonders die Realisierung dezentraler Steuerungskonzepte. Die neueste Generation von Tablettenpressen setzt diese Sensoren bereits ein.

Komplette Messketten
Jumo entwickelt und produziert nicht nur Sensoren, sondern auch Messumformer, Regler und Registriergeräte. Kunden in aller Welt lösen anspruchsvolle Überwachungs- und Steuerungsaufgaben mit dieser umfangreichen Produktpalette aus einer Hand. Messumformer, u.a. mit UL-Zulassung für den nordamerikanischen und kanadischen Markt stehen zur Messung und Regelung aller relevanten Prozessgrößen zur Verfügung.
Sie bieten potenzialfreie Ausgänge und Weitbereichsnetzteile für den Einsatz auf allen Kontinenten. Schnittstellen für die Einbindung in Netzwerke oder übergeordnete Leitsysteme sind u.a. für PROFIBUS-DP verfügbar.
Aus einzelnen, aufeinander abgestimmten Komponenten (auch in Verbindung mit einer Visualisierungssoftware) wird ein zentrales System zur sicheren Messdatenerfassung, Archivierung und Auswertung GMP-relevanter (Good Manufacturing Practice nach FDA) Prozessdaten. Diese Systeme entsprechen den Richtlinien der FDA 21 CFR Part 11, die festlegen, unter welchen Voraussetzungen elektronische Dokumente und Unterschriften rechtlich mit Dokumenten in Papierform und mit handschriftlicher Unterschrift gleichzusetzen sind. Klartext-Anzeigen sind grundsätzlich mehrsprachig hinterlegt.

Ausblick
Mit der gebündelten Entwicklung und Fertigung von Elementarsensoren am Standort Deutschland ist sicher gestellt, dass Jumo seine Produkte für die Analysen-, Temperatur- oder Druckmesstechnik gemeinsam mit Anwendern in aller Welt stetig neuen Anforderungen und Märkten anpasst.
Die Miniaturisierung und die Entwicklung intelligenter Sensoren wird fortschreiten. Höhere Nennwerte bei Widerstandsthermometern, z.B. Pt5000 und Pt10000, werden angefragt. So wirdz. B. gegenwärtig weltweit die Datenkommunikation auf Sensorebene von analogen Einheitssignalen auf digitale Feldbussysteme umgestellt. Hierbei müssen global tätige Anbieter von Automatisierungslösungen mehrere Feldbus-Systeme bedienen, da sich je nach Branche und Region unterschiedliche Systeme durch gesetzt haben. Deutschland ist nach Einschätzung von Jumo auf dem Gebiet der Definition und Anwendung von Bussystemen weltweit führend.
Als Zukunftstrend zeichnen sich nunmehr drahtlose Übertragungstechniken ab. Auch hierbei müssen – weltweit gesehen – unterschiedliche Techniken eingesetzt werden, um die Kunden optimal bei ihren Messaufgaben zu unterstützen. Übertragungs-Frequenzen zur leitungslosen Datenübertragung per Funk sind deutschland- und europaweit festgelegt. Sie weichen jedoch von denen in Amerika und Asien
ab.