Das berühmte amerikanische Spaceshuttle „Endeavour“ ist mit 24 Metern Breite, 38 Metern Höhe und einem Gewicht von 68 Tonnen ein echter Koloss. Das kann zur Herausforderung werden, wenn es auf Erden bewegt werden muss. So auch 2012, als das Spaceshuttle nach 25 Weltraummissionen seine letzte Reise in den Ruhestand antrat. Dafür musste es quer durch Los Angeles transportiert werden, vom Flughafen bis zum California Science Center im Süden der Stadt. Die Route verläuft fast 20 Kilometer geradewegs durch die dicht besiedelte Megametropole. Aber: Das Shuttle kann nicht selbst fahren und passt auch auf keinen gewöhnlichen LKW. Die Lösung ist ein besonderer Transporter für schwere Lasten der Transporter Industry International Group aus Baden-Württemberg.
Seit 150 Jahren hat sich das Unternehmen aus Heilbronn auf die Fertigung von Schwerlastfahrzeugen für den globalen Einsatz spezialisiert. Dabei vereinigt es die Marken TII SCHEUERLE und TII KAMAG in einer starken Allianz. Die Transporter bringen Schiffe, Bohrinseln, Flugzeuge, Intralogistik, Windkrafträder oder eben auch Spaceshuttles stets sicher ans Ziel.
Diese Schwertransporte brechen Rekorde
TII spezialisiert sich unter anderem auf einen besonderen Fahrzeugtypen, der auch beim Spaceshuttle „Endeavour“ in den USA zum Einsatz kam: der Self-Propelled Modular Transporter – oder kurz SCHEUERLE SPMT K24. Dabei handelt es sich um einen modularen und ferngesteuerten Schwerlasttransporter, den man beliebig zum Fahrzeugverbund erweitern kann - je nachdem, was Gewicht und Größe seiner Fracht erfordern. Nutzlasten von bis zu 248 Tonnen nimmt er problemlos auf, obwohl er selbst nur 24 Tonnen wiegt. Eine sogenannte “Power Pack Unit”, die am Fahrzeug angebracht wird, enthält sowohl das Steuerungssystem als auch den Motor des SCHEUERLE SPMT K24. Die superflexiblen Kraftpakete der TII Group haben schon einige Weltrekorde gebrochen – beispielweise im November 2022, beim Verfrachten eines ausrangierten Ölförderschiffs. Da bewegten die Fahrzeuge beeindruckende 20.300 Tonnen. Das sind etwa 3.383 männliche afrikanische Elefanten oder das knapp 4,5-fache Gewicht des Stuttgarter Fernsehturms.
Auch das amerikanische Spaceshuttle „Endeavour“ wurde auf eine Kombination von SPMT K24 verladen und mit Schritttempo an seinen Bestimmungsort in Los Angeles transportiert – durch eine dichte Stadtlandschaft, vorbei an Wohnsiedlungen, Kaufhäusern, Fernsehkameras und einem begeisterten Straßenpublikum.
Verbindungstechnik für raueste Bedingungen
„Allerdings ist es nicht immer so schön sonnig wie in Kalifornien”, sagt Tobias Maier, Teamleiter Steuerungstechnik beim TII-Tochterunternehmen TII KAMAG in Ulm, und ergänzt: „Unsere Kunden setzen ihre SPMT K24 weltweit ein. Nach einem Transport in den USA gehen die Fahrzeuge auch mal für ein halbes Jahr nach Sibirien – wo das Thermometer auf bitterkalte minus 25° Celsius fallen kann. Oder in die staubige Wüstenhitze der arabischen Halbinsel.” Diese Wetterextreme müssen nicht nur die Fahrzeuge aushalten, sondern auch deren Verbindungstechnik, die den Strom vom Motor und die Daten vom integrierten Bordcomputer an die Achsen leitet. Dabei entstehen zwei konkrete Herausforderungen: Die Kabel können erstens nicht einfach außen an den Fahrzeugen verlegt werden. Denn da sind sie Umwelteinflüssen wie UV-Strahlung oder heißen und kalten Temperaturen ausgesetzt. Das Innere des Chassis bietet allerdings nur wenig Platz.
Zweitens werden die selbst angetriebenen Modultransporter erst vor Ort bedarfsgerecht miteinander gekoppelt – so auch die Verbindungstechnik. Und zwar von Menschenhand, bei Wind und Wetter. „Wenn man da zu viele Steckerstellen und Einzelkabel hat, kann das schnell zum beschwerlichen Akt werden“, erklärt Tobias Maier. „Deswegen wurde uns bei der damaligen Fahrzeugplanung klar, dass wir die Anzahl der Kabel an den Fahrzeugen minimieren mussten. Einerseits sollte die Koppelung der Kabel vor Ort für die Leute handlich sein, andererseits wollten wir alle Kabel durch das geschützte Innere des Fahrzeugrahmens leiten können“. Die Idee also: Zwei kompakte Leitungen, in denen man die gesamte Verbindungstechnik unterbringen kann – eine Versorgungsleitung sowie eine Steuer- und Datenleitung.
Stuttgarter Hybrid-Sonderleitungen bringen die Lösung
Doch dafür brauchte es eine Sonderanfertigung. Und hier einen passenden Lieferanten zu finden, war nicht so einfach. Anfangs kamen einige Anbieter in Frage. Überzeugt hat am Ende jedoch LAPP aus Stuttgart. Der Weltmarktführer für integrierte Lösungen im Bereich der Kabel- und Verbindungstechnologie konzipierte nach den Vorgaben von TII zwei spezielle Leitungen – eine Power-Line und eine Data-Line. „Beide Leitungen fassen mehrere Kabeltypen in einem zusammen, das heißt, sie sind Hybridleitungen”, erklärt Joachim Hentschel, Account Manager bei LAPP. „Durch die Power-Line wird das Fahrzeug zunächst mit Strom versorgt, sodass es auch ins Rollen kommt”, ergänzt er. Die Data-Line wiederum ist der Daten-Pool des Fahrzeuges. Sie enthält eine Daten-Bus-Leitung, über die Steuer- und Regelsignale von der „Power Pack Unit“ an die Räder geleitet werden „um zum Beispiel jede Achse auf den korrekten Lenkwinkel einstellen zu können”. Sowohl Power- als auch Data-Line beinhalten zusätzlich noch serielle Steuerleitungen.
Jedoch ist ein solches Projekt kein Spaziergang. Der erste Entwurf der Data-Line schaffte den notwendigen Datendurchsatz nicht. LAPP ist bekannt und bei Kunden hoch geschätzt für seine Innovationsarbeit und hartnäckige Lösungssuche. „Das Problem war der Widerstand im Kabel – die sogenannte Impedanz“, erklärt Joachim Hentschel. „Wir mussten deshalb die Aderverteilung in der Leitung anpassen“. Das wurde dann auch schnell umgesetzt. TII ist zufrieden: „Wir sind froh, dass wir mit LAPP einen Partner gefunden haben, der sich in unsere Anforderungen reingefuchst und eine Lösung entwickelt hat. Dieses Engagement finde ich lobenswert”, erklärt Maier.
Auch in Zukunft eine robuste Partnerschaft
Für den SCHEUERLE SPMT K24 liefert LAPP bereits seit 2010 Sonderleitungen an die TII Group. „Mit der Qualität von LAPP sind wir hochzufrieden“, sagt Ralf Geiselmann, Meister Montage und Elektrik bei TII KAMAG, „und wenn wir doch mal ein Problem haben, kümmert sich LAPP darum.“ Zusätzlich beliefert LAPP die TII Group auch mit Standardleitungen wie ÖLFLEX® CLASSIC. „Die kann ich bei LAPP praktisch online konfigurieren und bestellen,“ erklärt Teamleiter Maier, „doch, wenn es um solche Sonderanfertigungen geht, braucht es Beratung vor Ort. Und da können wir jederzeit anrufen und LAPP kommt vorbei“, lächelt er. Auch die Schwerlast-Fahrer profitieren von der Partnerschaft der TII Group und LAPP. Denn mit den Sonderleitungen brauchen sie bei eisigen Temperaturen nur mit zwei Koppelsteckern zu hantieren und müssen keinen Kabelsalat entwirren. Das vermeidet Unannehmlichkeiten, aber auch Fehler.