Mit BlueBeam bezeichnet Pepperl+Fuchs die neuen Sende-LEDs für optische Inkremental-Drehgeber mit blauem Licht. Sie erhöhen die Effizienz bei der Signalgenerierung und ermöglichen so eine deutlich bessere Abtastung mit einer exzellenteren Signalgüte. In Spinnerei und Texturieranlagen trägt die neue BlueBeam-Technologie maßgeblich dazu bei, Auf-, Ab- und Umspulprozesse mit höherer Synchronität zu regeln, was letztlich die Qualität im fertigen Produkt verbessert.
Spinnen ist die Herstellung von Fäden oder Garnen aus einer Vielzahl von Fasern. Das ist schon seit vielen tausend Jahren so und eine der ältesten Techniken der Menschheit. Was allerdings früher das mühsame Verdrehen pflanzlicher oder tierischer Fasern mit den Fingern war, ist in der modernen Textilindustrie ungleich komplexer und anspruchsvoller. Wir sprechen heute über ‚Verspinnen‘ von Stapelfasern zu Garn, sprich Faden und über das ‚Erspinnen‘, also das Primärspinnen von Filamenten aus natürlichen und synthetischen Polymeren sowie nichtpolymeren Rohstoffen. Auch die Maschinen die heutzutage in diesem Umfeld eingesetzt werden, haben mit den frühen Spinnrädern nicht mehr viel gemeinsam. Moderne Spinnanlagen zur Garnproduktion oder Texturiermaschinen zur Veredelung von vorverstrecktem Garn sind hoch komplexe und leistungsfähige Hightech-Anlagen. Je nach Fertigungsschritt spulen sie dafür Garne auf, ab oder um und tragen dabei mit ihrer Performance wesentlich zur Qualität im jeweiligen Endprodukt bei.
Herausforderung beim Auf- und Abspulen
„Oft beeindrucken Spinnerei- und Texturieranlagen schon durch ihre Vielzahl an Spulen mit häufig mehreren Hundert in einer Maschine“, erklärt Konstantin Senef, der als Entwicklungsingenieur Grundlagen Mechatronik/Elektronik bei Pepperl+Fuchs, auf eben diese ein besonderes Augenmerk hat. „Die Herausforderung beim Auf- oder Abspulen ist immer die Fadenlaufgeschwindigkeit sehr konstant zu halten, auch bei hohen Rotationsgeschwindigkeiten“, betont Senef. Das erfordert exzellente Drehzahlregelkreise für die Spulköpfe, um die Umfangsgeschwindigkeiten der zu- bzw. abnehmenden Spulendurchmesser zu synchronisieren. Abweichungen führen zu unterschiedlichen Spannungen im aufgespulten Garn, die letztlich in der Weiterverarbeitung zu Qualitätsbeeinträchtigungen im gewebten Material oder gar zum Abreißen des Garns führen.
Ebenso ein Qualitätsmerkmal beim Spulen ist die Präzisionswicklung, mit der das aufzuspulende Garn nicht parallel, sondern in einem vorbestimmten Winkel auf die Hülse gelegt wird. So überquert jede folgende Schicht die gelegten Fäden und es entsteht eine sogenannte Kreuzspule. Um dies zu realisieren, verfährt ein Fadenführer, respektive eine Changier-Einheit, über die Länge der Hülse hin und her. Senef erklärt dies am besonders anspruchsvollen Beispiel einer konischen Hülse, wie sie für Webereien und Stickereien häufig verwendet werden: „Auch die Geschwindigkeit im seitlichen Hub der Fadenführung ist abhängig vom zunehmenden Spulendurchmesser. Sie bestimmt den Wickelungswinkel und damit die Homogenität, den Zusammenhalt und insgesamt die Qualität einer Garnrolle“.
Hohe Regelperformance
Die Güte der synchronisierten Rotationsgeschwindigkeiten sämtlicher Spulen in einer Spinnerei- oder Texturieranlage sowie die Präzision der ebenfalls synchronisiert ausgeführten Hubbewegungen bei der Changierung, hängen maßgeblich von der Regelperformance der jeweils eingesetzten Drehgeber zur Aufnahme der Drehbewegungen, Lage und Winkelgeschwindigkeiten ab. Mit den neuen BlueBeam-Drehgebern ENI58IL bietet Pepperl+Fuchs Inkremental-Drehgeber mit optischem Abtastprinzip, die den außergewöhnlich hohen, erforderlichen Systemgenauigkeiten entsprechen. Die ENI58IL sind die ersten Inkremental-Drehgeber die statt dem üblichen Infrarotlicht, speziell entwickelte Sende-LEDs mit blauem Licht nutzen. „Das blaue Licht der neuen Sende-LEDs weist bei gleicher Spaltbreite eine verringerte Beugung gegenüber dem längerwelligen Infrarotlicht auf und kann deshalb schärfer abbilden“, erklärt Stefan Horvatic, Leiter Produktmanagement bei der Pepperl+Fuchs Drehgeber GmbH. Das ermöglicht auch den Einsatz neuer Abtastchips, mit feineren und flacheren Strukturen. Die Eindringtiefe des blauen Lichtes in den Chip ist kürzer, resp. energetischer, was den Wirkungsgrad der Lichtquelle so stark erhöht, dass viel schärfere Konturen vom Abtastchip erzeugt werden. Das Resultat ist eine höhere Auflösung, eine stark verbesserte Signalamplitude und ein deutlich verringerter Flankenjitter. Mit der BlueBeam-Technologie werden z.B. die Toleranzen der Phasenlage A zu B auf weit unter 10% reduziert. Das ist, im Vergleich zu den sonst im Markt üblichen und mit Infrarot-Technologie erreichbaren Werten, eine Verdopplung der Signalgüte. Gleichzeitig bieten die BlueBeam-Drehgeber eine deutlich höhere Auflösung, die aus dem zuverlässigeren Tastverhältnis resultiert. Als Tastverhältnis der digitalen Signale eines Inkremental-Drehgebers wird die zeitliche Folge des Zustandes, sprich die Flankenwechsel von logisch 1 (High) und logisch 0 (Low) bezeichnet.
Bei Toleranzen, unter anderem auch durch den bereits genannten Jitter, wird es vor allem bei hohen Geschwindigkeiten immer schwieriger Impulsvervielfachungen umzusetzen. Impulsvervielfachungen dienen der Erhöhung der Anzahl von auswertbaren Impulsen um bis zu Faktor 4. So macht es die BlueBeam-Technologie möglich, mit den neuen ENI58IL Drehgebern absolute Genauigkeiten auch in höchsten Drehzahlbereichen von bis 12.000 U/min zu garantieren. Die maximale Ausgangsfrequenz der ENI58IL liegt bei beachtlichen 400 kHz und damit um bis zur Hälfte höher als bei gängigen Drehgeber-Varianten. Zur außergewöhnlich hohen absoluten Genauigkeit der ENI58IL trägt auch die dank der BlueBeam-Technologie mögliche Umsetzung enger Fertigungstoleranzen bei. Pepperl+Fuchs montiert diese in einer eigens eingerichteten Fertigungslinie mit einem modernen One-Piece-Flow-System. Darin wird beispielsweise auch in einem innovativen Prozessschritt jede Codescheibe exakt justiert. Darüber hinaus zeichnen sich die BlueBeam-Drehgeber durch ihren besonders robusten Aufbau aus. Dabei sorgen unter anderem verblockte Lagereinheiten für dauerhaft zuverlässige Funktion bei erhöhter Lebensdauer. Auch in Bezug auf die EMV-Schutzbeschaltung erfüllen die BlueBeam-Drehgeber im Vergleich zu Standardtests bis zu viermal so hohe Pegel. Das gewährleistet im weltweiten Einsatz von Spinnerei- oder Texturieranlagen selbst unter ungünstigen Bedingungen eine stabile, zuverlässige Funktion.