Unterdruck- und Vakuummessung mit piezoresistiven Drucksensoren

Es soll vorkommen, dass man den Begriff Vakuum und Unterdruck verwechselt. Und in der Tat birgt die Messung von Drücken, die kleiner als der herrschende Luftdruck sind, Besonderheiten, die hier erklärt werden sollen. Dabei kann ein Unterdruck bzw. Vakuum sowohl mit Relativ- als auch Absolutdrucksensoren bestimmt werden. Piezoresistive Drucksensoren bieten sich preislich hierfür an, haben jedoch ihre Restriktionen, die im Folgenden erläutert werden.

  • Absolutdruckmesszelle aus Silizium mit Querschnitt
    Absolutdruckmesszelle aus Silizium mit Querschnitt
  • Relativdruckmesszelle aus Silizium mit Querschnitt
    Relativdruckmesszelle aus Silizium mit Querschnitt
  • Pico-Vakuumschalter mit IOLink, sind für verschiedene Druckbereiche verfügbar. Bilder: Amsys
    Pico-Vakuumschalter mit IOLink, sind für verschiedene Druckbereiche verfügbar. Bilder: Amsys

Für die meisten industriellen Vakuumanwendungen ist das Grobvakuum im Bereich des Atmosphärendrucks von ~1013 mbar bis zu etwa 1 mbar ausreichend, weshalb im Nachstehenden nur dieser Vakuumbereich behandelt werden soll. Wenn der Druck geringer ist, reicht die mechanische Kraft auf eine kosteneffizient herstellbare Membran nicht für eine messbare Deformation derselben, so dass andere Messverfahren zum Einsatz kommen müssen.

Die angegebenen Werte sind absolute Druckangaben, die sich auf das perfekte Vakuum P0 = 0 bar beziehen. Oft werden Vakuumdrücke jedoch implizit als Relativdrücke angegeben, z.B.: „Die Absauganlage erreicht einen Unterdruck von 190 mbar“. Dies entspricht einem Absolutdruck von 823 mbar (bei einem Normaldruck von 1013 mbar) und wird auch mit ¬ 190 mbar (bezüglich des Umgebungsdruck) bezeichnet.

Bei der Angabe eines Druckes müsste also der Bezugsdruck mit angegeben werden, was aber oft nicht geschieht. Es muss daher oft aus dem Kontext geschlossen werden, ob es sich um einen Relativdruck (gegenüber dem atmosphärischen Druck) oder dem Absolutdruck (gegen das perfekte Vakuum) handelt. Bei vielen Anwendungen, wie im Beispiel der Absauganlage, ist die Differenz zum atmosphärischen Luftdruck entscheidend. Bei anderen Anwendungen, wie beispielsweise der Chemikalienlagerung unter Luftabschluss ist der Absolutdruck die relevante Größe.

Druckmessung mit Siliziumsensoren

Abbildung 1 zeigt eine Absolutdruckmesszelle aus Silizium mit Querschnitt: Sie besteht aus einem geschlossenen Glas-(Pyrex-) sockel (grau), dem Siliziumchip (blau) und einer Membranschicht (hellblau). Aus dem Siliziumchip ist ein Hohlraum (Cavity) bis auf eine dünne, flexible Membranschicht herausgeätzt. Die Membran selbst hat abhängig von dem zu messenden Druck eine Stärke zwischen 10 und 50 μm. Die hellen Linien auf der Membranoberfläche sind die Aluminium-Leiterbahnen mit den Anschluss-Pads (helle Vierecke) für die Verbindungsdrähte zur äußeren Beschaltung. Die violetten Flächen sind eindiffundierte, leitende Verbindungen zu den tiefer eindiffundierten piezoresistiven Widerständen. Diese befinden sich nicht sichtbar zwischen den violetten Flächen am Rande der Einwölbung, im Gebiet der größten mechanischen Spannungen. Die Abmessungen der Siliziummesszellen sind vom Druckbereich und der Herstellungstechnologie abhängig. Sie betragen ungefähr 2x2x0,8 mm³ für den Druckbereich von ca. 300 mbar bis 30 bar.

Um standardisierte, einfach weiterzuverarbeitende Ausgangswerte zu erhalten, ist oft ein zusätzlicher anwendungsspezifischer IC (ASIC) an die Messzelle angeschlossen. Dort werden die Messsignale verstärkt, digitalisiert und per Korrekturkoeffizienten temperaturkompensiert und linearisiert.
Diese werden während der Kalibration beim Hersteller für jeden einzelnen Sensor bei verschiedenen Drücken P1 und Temperaturen bestimmt und im ASIC gespeichert.

Absolutdruckmessung vs. Relativdruckmessung

Bei der Absolutdruckmessung erfolgt die Erfassung des Messdrucks P1 gegen einen Referenzdruck P2 in der Cavity, der so niedrig sein sollte, dass er im Vergleich mit dem zu messenden Druck vernachlässigt werden kann. Im Idealfall wäre dies P2 = 0 bar (d.h. perfektes Vakuum).

Es muss also unter einem möglichst niedrigem Unterdruck P2 der Siliziumteil mit der Membrane hermetisch mit dem Glassockel verschlossen werden, was in einem elektrochemischen Prozess unter hoher Spannung (Anodic Bonding) geschieht. Der Unterdruck P2 (Referenzdruck), der im Hohlraum herrscht, entspricht dem Vakuum während des Verschließens.

Bei Druckbeaufschlagung biegt sich die Membran in Richtung des niederen Druckes. Da P1 > P2, biegt sich die Membran folglich nach Innen in die Cavity (2).

Bei Relativdruckmesszellen ist der Hohlraum unter der Membran dagegen zur Atmosphäre hin rückseitig offen, P2 entspricht dem Umgebungsdruck. Bei Überdruck P1 > P2 biegt sich auch hier die Membran nach unten, bei Unterdruck P1 < P2 jedoch nach oben. Da sich daher das Vorzeichen der Ausgangsspannung umkehren kann, ist eine etwas aufwendigere Signalnachbearbeitung notwendig. Bei Differenzdrucksensoren werden anders als reinen Relativdrucksensoren beide Seiten der Membran mit Druckanschlüssen versehen, so dass P2 nicht dem Umgebungsdruck entsprechen muss.

Nullpunkt (Offset)

Entspricht P1 = P2 sollten alle Sensortypen eine Spannung von Null ausgeben. Jede Abweichung stellt einen Fehler dar, der im ASIC kompensiert werden muss und als Offsetspannung bezeichnet wird.

Man muss berücksichtigen, dass in einer Absolutdruckmesszelle der Druck gegen das perfekte Vakuum gemessen werden soll, ein Referenzdruck von 0 bar im Hohlraum der Druckmesszelle jedoch technisch nicht zu realisieren ist. Es herrscht dort in der Praxis ein Druck P2 > 0 bar, der beim Schließen der Messzelle vorhanden war.

Bei dem Prozess der Nullpunkt-Kalibration wird dieser Offsetwert bestimmt, der dann auf den gewünschten Nullpunktwert des Ausgangs kalibriert werden muss¸ z.B. auf 0 V (für einen 0 .. 10 V Ausgang), 0,5 V (für einen 0,5 .. 4,5 V Ausgang) oder 4 mA (bei einem 4 ..20 mA Stromschleifenausgang).

Full-Scale-Signal (Spanne)

Die Spanne (FSO) ist definiert als das Ausgangssignal bei max. Messdruck minus der Offsetspannung. Bei einem max. Sensorausgangssignal von 4,5 V und einer Offsetspannung von 0,5 V ist die Spanne 4,0 V. Das FSO ist nicht zu verwechseln mit dem Full-Scale-(FS-)Signal, das als max. Ausgangssignal inklusive des Offsets definiert ist, hier also 4,5 V. Ähnlich wie der Offset, muss das FS-Signal auf den gewünschten Ausgangsendwert z.B. 4,5 V oder entsprechende andere Werte kalibriert werden. Mit der Bestimmung des Offsets und der Spanne ist die Übertragungskennlinie des Sensors bei Raumtemperatur festgelegt. Da beide Werte jedoch temperaturabhängig sind, müssen diese Fehler kompensiert werden. Dazu werden während der Kompensation die Temperaturfehler des Offsets (TCO) und der Spanne (TCS) bei verschiedenen Temperaturen ermittelt und im ASIC in gleicher Weise wie Offset und Spanne korrigiert. All diese Abgleichprozeduren (Kalibration und Kompensation) werden bei Herstellern wie Analog Microelectronics GmbH für alle abgeglichenen und verstärkten Sensoren direkt im Herstellungsprozess für jeden Sensor individuell durchgeführt.

Anwendungen

Zur Messung des Vakuums sollten nach Möglichkeit Sensoren verwendet werden, die direkt den in der Anwendung interessanten Messwert ausgeben, also Relativ- oder Absolutdruck.

Vakuumsensoren und -schalter für Relativdruck wie der Pico finden sich z.B. in Vakuumierungsgeräten, um Lebensmittel für eine längere Haltbarkeit nahezu sauerstofffrei zu verpacken, aber auch bei Saughebern, die zum Heben und Transport von flächigen Lasten eingesetzt werden.

Absolutdrucksensoren, wie der AMS 4506 von AMSYS GmbH & Co.KG werden auch zur Drucküberwachung bei der Lagerung von Chemikalien unter Sauerstoffabschluss verwendet. Falls keine Durchführung im Druckgefäß vorhanden ist, wie bei gläsernen Exzikatoren, kann ein batteriegespeister, per Bluetooth funkender Sensor den aktuellen Druck zur Überwachung des Vakuums senden.

Aber die wohl populärste Anwendung von Absolutdrucksensoren sind die barometrischen Sensoren zur Messung des Luftdrucks.