Die Dunkermotoren GmbH entwickelt und produziert seit über 50 Jahren Präzisionsantriebe, darunter bürstenlose DC-Servomotoren sowie bürstenbehaftete DC-Motoren. Zum Portfolio zählen auch Planeten- und Schneckengetriebe sowie Bremsen und Gebersysteme. Am Stammsitz in Bonndorf im Schwarzwald ist Dunkermotoren mit über 800 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber. Weltweit zählt das Unternehmen rund 1.100 Beschäftigte.
Das „Problem“ des Anbieters: Die Nachfrage nach den Qualitätsmotoren, die in allen möglichen Anwendungen von der Montagetechnik bis zum Jalousieantrieb zum Einsatz kommen, steigt permanent. Bei Dunkermotoren, wo man bewusst auf sehr hohe Fertigungstiefe der Produkte setzt, sind deshalb hochautomatisierte Fertigungsverfahren erste Wahl. Dabei spielen zwei Faktoren eine entscheidende Rolle: Platzbedarf und Output. Von ersterem hat man wenig, von letzterem braucht man viel.
Wie solche High-Output-Lösungen in der Praxis aussehen können, zeigt eine vom erfahrenen Systemintegrator EGS realisierte Automatisierungslösung. Die Aufgabenstellung dabei war die robotergestützte Beschickung einer Index ABC Drehmaschine mit Lagerschilden. „Wir haben diesen Produktionsdrehautomaten ausgewählt, weil er schnell, flexibel und wirtschaftlich Drehteile, in unserem Fall Lagerschilde für unsere GR-Motorenbaureihe, produzieren kann. Das Wichtigste für uns war aber eine prozesssichere Automation dieser Maschine, mit der wir drei vorrangige Ziel erreichen wollten: Nebenzeiten reduzieren, Autonomie schaffen und Platzbedarf klein halten“, verrät Industrial Engineering Fachmann Tobias Bäumle, der bei Dunkermotoren für dieses Projekt verantwortlich zeichnet.
Keine Lösung von der Stange
Für EGS Automatisierungstechnik im nahegelegenen Donaueschingen eigentlich eine Standardaufgabe, für die man in ähnlich gelagerten Anwendungen bereits hundertfach Roboterlösungen realisieren konnte. Mit den hauseigenen Palettenwechselsystemen der SUMO-Baureihe kann man dabei auf passende Zuführsysteme zurückgreifen, auf deren Basis sich auch Sonderlösungen schnell realisieren lassen. Für Dunkermotoren kam eine Standardlösung wegen der Verwendung spezifischer Werkstückpräger nicht in Frage, eine individuelle Lösung musste gefunden werden. Wie perfekt EGS die praktische Umsetzung der Aufgabenstellung gelungen ist, belegt der Blick auf die Anlage. Was dabei sofort auffällt, ist die platzsparende Lösung, bei der die Roboterzelle auf engstem Raum an die Maschine andockt. Nur dem Einsatz des sehr kompakten Yaskawa-Roboters Motoman MH12 ist es zu verdanken, dass sich die Zelle unter diesen Platzverhältnissen realisieren ließ. Der Sechsachser spielt in dieser Anwendung zudem seine Stärken im Hinblick auf Beweglichkeit, Reichweite und Dynamik voll aus.
Worauf es dabei ankommt, zeigt sich am Besten bei der Betrachtung dieser wegweisenden Gesamtlösung: Innerhalb der Roboterzelle finden sich sechs definierte Positionen für Werkstückträger-Palettenstapel, die sich um den Sechsachser gruppieren. Fünf dieser Plätze sind für volle Paletten, einer dient ausschließlich dem Abstapeln leerer Paletten. Den Anfang des Produktionsprozesses bildet die manuelle Bestückung der Zelle. Dazu schiebt der Bediener fünf Bodenroller mit voll bestückten Werkstückpaletten sowie einen Bodenroller für die Aufnahme der geleerten Paletten in die Anlage und startet den Prozess.
Automatischer Greiferwechsel im Minutentakt
Der Job für den Roboter besteht nun im Abholen eines vollen Werkstückträgers und dessen Umsetzung auf eine definierte Ablageposition, von der aus der Sechsachser die Teilevereinzelung und Zuführung zur Index Drehmaschine übernimmt. Sind alle Teile einer Palette vereinzelt, legt der Roboter die geleerte Palette auf dem dafür vorgesehenen Platz ab und der Prozess setzt sich mit der nächsten Palette fort.
Für diese komplexe Aufgabe benötigt der Motoman MH12 zwei unterschiedliche Greifsysteme: eines für die Handhabung des kompletten Werkstückträger und ein zweites für die Vereinzelung der Lagerschilde. Da der Greiferwechsel vor und nach der Abarbeitung jedes einzelnen Werkstückträgers und damit im Minutentakt auf dem Programm steht, setzt EGS dabei auf ein automatisches Greiferwechselsystem.
Die Handhabungsprozesse fordern den Sechsachser sowohl in puncto Traglast als auch im Hinblick auf Dynamik und Beweglichkeit bis an die Belastungsgrenze. Seine Tragkraft von 12 Kilogramm ist für die Handhabung eines vollen Werkstückträgers, der je nach Lagerschild-Variante mit bis zu 50 Teilen bestückt sein kann, gerade noch ausreichend. Noch anspruchsvoller ist die Aufgabenstellung im Hinblick auf sein Bewegungsprofil. Der unterste Werkstückträger eines Palettenstapels befindet sich nahezu auf Bodenebene, die Übergabeposition der einzelnen Werkstücke hingegen rund einen halben Meter oberhalb der Index-Maschine.
Wie bei kaum einer anderen Anwendung spielt die vertikale Reichweite des Roboters hier die entscheidende Rolle. „Um die jeweiligen Endpositionen bei diesem Einsatz noch anfahren zu können, mussten wir den Sechsachser an exakt berechneter Position auf einem Sockel platzieren. Nur so können wir mit dem überaus gelenkigen und kompakten MH12 dieses Aufgabenspektrum bewältigen. Und ein größerer Roboter kam aufgrund der Platzverhältnisse nicht in Betracht“, betont Pfalzgraf.
Mit dem Dreifachgreifer Taktzeiten reduzieren
Ein weiteres konstruktives Highlight ist das Werkstückgreifsystem, das aus drei im Abstand von 120 Grad angeordneten Einzelgreifern besteht. Warum diese Lösung für die Produktivität so wichtig ist, erläutert Bäumle: „Mit dem Dreifachgreifer können wir drei Teile hintereinander direkt von der Palette aufnehmen und in einer Fahrt zur Übergabeposition an die Drehmaschine bringen. Diese Maßnahme trägt entscheidend zur Einhaltung der Taktzeitvorgaben bei. Zudem ergibt sich für den Roboter durch die Mehrfachaufnahme der Rohteile ein zeitlicher Puffer beim Palettenwechsel.“
Auch das Zuführsystem, das die Teile von der Übergabeposition des Roboters in die Index-Maschine befördert, ist eine Eigenkonstruktion von EGS. Die Teile gelangen dabei über eine hochflexible Förder-Bürsten-Zuführung mit weitem Verstellbereich, die vom Roboter mit Teilen bestückt wird, einfach und prozesssicher in den Fallschacht der Drehmaschine. Die Lagerschilde werden nach ihrer Bearbeitung auf einen Rundtisch mit bereitgestellten Warenkörben ausgeschleust.
Produktionsstratege Bäumle ist von der automatischen Beschickung der Drehmaschine begeistert: „Wir konnten durch Reduzierung der Takt- und Nebenzeiten den Output um rund 25 Prozent steigern. Der Grund dafür liegt unter anderem in der Autonomie, die im Vergleich zum vorangegangenen Prozess um 500 Prozent höher liegt. Nach Bestückung der Zelle mit fünf Palettenwagen befinden sich bei der größten Lagerschildvariante mit 63 Millimeter Durchmesser 2.400 Teile in der Anlage. Das heißt, wir arbeiten eine komplette Schicht völlig autonom.“