Von der Netzwerkplanung zur Installation mit WLAN

Planung und Einsatz von drahtlosen Netzen erfordern andere Werkzeuge als kabelgebundene Lösungen

  • Access-Points bauen ein WLAN auf, in dem der Client roamen kann.
    Access-Points bauen ein WLAN auf, in dem der Client roamen kann.
  • Aufbau eines Mesh-Netzwerks mit Clients, die sich im Areal bewegen
    Aufbau eines Mesh-Netzwerks mit Clients, die sich im Areal bewegen
  • Schnelle Planung und einfache Erstellung einer Materialliste für die erste Budgetplanung eines WLAN: BAT-Planner
    Schnelle Planung und einfache Erstellung einer Materialliste für die erste Budgetplanung eines WLAN: BAT-Planner

Manche Applikationen erfordern zwingend den Einsatz einer drahtlosen Netzwerktechnik, um die gewünschte Lösung zu realisieren. Die Erfahrungen mit dem Einsatz von WLAN zeigen, dass die Funkkommunikation besondere Anforderungen an Wissen, Planung und Projektmanagement stellt. Wie man ein WLAN-Projekt erfolgreich realisiert und welche Tools dafür zur Verfügung stehen, erläutert dieser Beitrag.

 

Der Einsatz kabelloser Techniken bietet vor allem bei mobilen Applikationen Vorteile, etwa wenn Mitarbeiter oder Fahrzeuge mit einem Netzwerk verbunden werden sollen. So lassen sich beispielsweise Arbeitsabläufe optimieren, der Service verbessern oder Informationsdienste anbieten. Damit reduzieren kabellose Lösungen Kosten oder erschließen sogar neue finanzielle Einnahmequellen für den Betreiber. Außerdem können verschleißgefährdete Kabel kostengünstig ersetzt werden. Die Funkkommunikation ermöglicht also oft Lösungen, die mit Kabeln nicht denkbar wären.

Wo anfangen?
Man ist also recht schnell überzeugt, dass in der Anlage, die gebaut werden soll, eine drahtlose Technik zum Einsatz kommen soll. Jeder kennt auch WLAN von zu Hause für den Internetzugang oder auch im Büro. Dort ist die Technik etabliert und wird wie selbstverständlich eingesetzt. Zwar werden solche Lösungen auch bereits seit gut 10 Jahren im industriellen Umfeld eingesetzt. Die Anforderungen an Verfügbarkeit und Stabilität, Umweltbedingungen und geforderte Normen unterscheiden sich deutlich vom Büro oder dem heimischen Wohnzimmer. Eine WLAN-Netzwerkplanung im industriellen Umfeld kann schnell zu einer zeitraubenden und komplexen Aufgabe werden.

Kabelloses Ethernet
Wer ein WLAN planen möchte, sollte die typischen Netzwerktopologien kennen. Auch wenn WLAN IEEE802.11 das einzige Protokoll ist, das für die Datenübertragung in einer Netzwerktopologie wie Ethernet entwickelt wurde, können mit dieser Technik mehrere Topologien aufgebaut werden. Nach Standard IEEE802.11 gibt es zwei Typen von Netzteilnehmern: Der Access-Point (AP) stellt die Basisstation dar, die den Übergangspunkt zwischen kabelgebundenem Ethernet und dem drahtlosen Netz bildet, das der AP sozusagen aufspannt. Die Endgeräte sind dann typischerweise Clients, die sich am AP anmelden und dann über diesen untereinander oder mit dem Ethernet kommunizieren. Diese als "Infrastruktur-Netzwerk" bezeichnete Topologie ist vom IEEE-Standard vorgegeben. Sie wird dort eingesetzt, wo sich viele mobile Endgeräte wie Bedienterminals, PDAs, Laptops oder fahrerlose Transportsysteme in einem Netzwerk bewegen sollen. Durch Hinzufügen weiterer APs kann die Ausdehnung dieses Netzwerks vergrößert werden. Die Clients wechseln dann je nach Standort von AP zu AP ("Roaming").

Die Herausforderung beim Aufbau dieses Netzwerk-Typs ist es, die besten Positionen für die Montage der APs und deren Antennen zu finden. Ferner kommt es darauf an, die passenden Antennen auszuwählen, falls erforderlich Kabel zwischen AP und Antenne zu planen sowie die richtigen Netzteile und Spannungsversorgungen zu finden. Metallene Maschinen, Regale oder Wände bilden dabei die größten Hindernisse. Denn elektromagnetische Wellen im von WLAN genutzten Frequenzbereich von 2,4 oder 5 Ghz werden entweder vollständig geblockt oder reflektieren an diesen Oberflächen. Hier haben sich mit der Einführung des neuen WLAN-Standards IEEE802.11n deutliche Verbesserungen bei der Ausleuchtung ergeben - die von diesem Standard verwendete Technik der Mehrwegeausbreitung nutzt sogar die in industriellen Umgebungen entstehenden Reflektionen für die Datenübertragung. Die Planung einer solchen Ausleuchtung mit Software-Modellen ist jedoch sehr aufwändig und teuer. Deshalb sollte die Ausleuchtung zusätzlich auch vor Ort ausgemessen werden.

Raus aus der Halle
In Transport-Anwendungen werden besonders hohe Anforderungen an das Roaming gestellt, beispielsweise bei der Kommunikation entlang einer Bahnstrecke. Denn durch die hohe Geschwindigkeit eines Zugs, der als Client die Verbindung zu APs entlang der Strecke hält, können kurzzeitige Unterbrechungen, die häufig durch das Roaming entstehen, zu instabilen Netzwerkverbindungen führen. Hier ist das Ziel einer Netzwerkauslegung, diese Unterbrechungen möglichst berechenbar und in großen Abständen stattfinden zu lassen. Deshalb kommen andere Antennentypen zum Einsatz. Dabei ist es besonders wichtig, eine exakte Planung der verwendeten Frequenzen und Kanäle durchzuführen, um Störungen durch andere Funktechniken zu minimieren. Regen oder Schnee haben übrigens so gut wie keinen Einfluss auf die Ausbreitung eines WLAN, solange der Niederschlag noch in der Luft ist. Nasse Hausdächer oder Blätter an Bäumen sind dagegen ein fast unüberwindbares Hindernis für WLAN-Wellen. Im schlimmsten Fall kann ein heftiger Windstoß auch die Antenne verdrehen.

Kabellos von Punkt zu Punkt
Nahezu alle Hersteller von WLAN-APs bieten auch die Möglichkeit, diese direkt miteinander zu verbinden und eine transparente "Bridge", also eine Punkt-zu-Punkt-Strecke, zu bilden. Diese Funktion ist jedoch nicht im IEEE802.11 standardisiert. Deswegen können solche Punkt-zu-Punkt-Strecken nur mit APs eines Hersteller aufgebaut werden. Der Vorteil dieser Funktion besteht darin, dass ein solches Netzwerk ohne Einsatz weiterer Ethernet-Kabel auch über große Areale ausgebreitet werden kann. Mit der neuesten Variante des WLAN-Standards, IEEE802.11n, können bei Einsatz entsprechend ausgerichteter Antennen Distanzen von 15 bis 20 km erreicht werden. Auch dann steht immer noch genügend Bandbreite zur Verfügung, um auch Video-Streams zu übertragen. Deshalb wird WLAN häufig dazu eingesetzt, um Gebäude oder Standorte über große Entfernungen hinweg miteinander zu koppeln. Außerdem lassen sich mit dieser Technik DSL-Leitungen für die "letzte Meile" ersetzen.

Punkt-zu-Punkt-Strecken werden in der Industrie auch oft dazu verwendet, um andere lokale drahtlose Systeme auf der Feldebene mit dem zentralen Kontrollraum, wo sich das Netzwerkmanagement und die Anlagensteuerung befinden, zu verbinden. Hier kommt es zusätzlich darauf an, dass neben der schnellen und vernetzten Verbindung auch eine hohe Übertragungssicherheit erreicht wird. Denn eine einzelne WLAN-Strecke kann - wie jede Funkverbindung - gestört oder unterbrochen werden. Um eine auch im Störungsfall stabile Übertragung der Daten zu erreichen, wird eine redundante Netzwerktoplologie aufgebaut. Diese als 'Meshing' bezeichnete Verfahren verdoppelt oder vervielfältigt die möglichen Übertragungswege zwischen Punkt A und Punkt B. Wenn dann einer der Wege gestört ist, weicht die Datenübertragung auf eine andere freie Verbindung aus. Punkt-zu-Punkt-Strecken bis hin zu Meshing verlangen wiederum andere Planungsmaßnahmen als die Ausleuchtung von Hallen oder das Roaming entlang von Bahnstrecken.

Wo anfangen?
Anders als bei kabelgebunden Netzwerken lässt sich ein WLAN-Netz nicht immer einfach durch direktes Verbinden der Netzteilnehmer aufbauen. Vor der Planung sollte deshalb eine Bestandsaufnahme gemacht werden, ob bereits andere Funksysteme in dem Areal senden und welche Frequenzen diese nutzen. Für Installationen im Außenbereich müssen zudem die topologischen Gegebenheiten berücksichtigt werden. Denn Hügel, Häuser, Bäume oder eine Pipeline sind Hindernisse, die die Funkkommunikation stören können.

In Fertigungshallen können dagegen Wände, Regale, Maschinen oder Kranaufbauten schwer zu überwindende Hindernisse darstellen. Die häufigste Ursache für Störungen sind jedoch andere Funknetze, die auf der gleichen Frequenz arbeiten wie jenes, das man selbst gerade installiert hat. Bei bereits bestehenden Installationen wird deshalb empfohlen, vor Ort eine Frequenzmessung (der sogenannte "Site Survey") durchzuführen. Dafür stehen Messsysteme zur Verfügung, die Art, Frequenz und Leistung vorhandener Funknetze darstellen. Schließlich muss sich der Netzwerkplaner Gedanken machen, welche der möglichen Netzwerktopologien am besten geeignet ist. Dabei kommt es darauf an, die von der jeweiligen Anwendung geforderte Mindestqualität der Ausleuchtung und damit der erreichbaren Übertragungsrate zu bedenken.
Dies führt dann zur Auswahl der notwendigen APs, Antennen und Kabel sowie des Montagematerials. Auch dafür gibt es leistungsfähige Planungssoftware, die den Profi unterstützt.
In einem WLAN-Projekt kann die Planung durchaus einige Monate in Anspruch nehmen, bis feststeht, wie viele und welche Materialien eingesetzt werden müssen. Der Kunde benötigt jedoch bereits am Anfang eines solchen Projektes eine grobe Abschätzung, wie hoch die Kosten sein werden.

Hirschmann Automation and Control bietet jetzt mit dem BAT-Planner ein einfaches Tool an, mit dem ein WLAN-Netz schnell geplant werden kann. Der Kunde zieht auf dem importierten Plan einfach eine Linie, entlang derer die Datenübertragung stattfinden soll. Die Software berechnet dann, welcher AP- oder Antennentyp zu der gewünschten Übertragungsgeschwindigkeit passt.

So vereinfacht der BAT-Planner viele Berechnungen. Dies ermöglicht eine erste Kostenabschätzung, die beim Einstieg in das Projekt hilft. Das Tool hilft auch dabei, bereits früh eine gute Einschätzung der erforderlichen Materialien zu erhalten. In jedem Fall muss später vom Profi noch eine detaillierte Planung vorgenommen werden. Ihm steht dann die Vollversion der Software zur Verfügung, der Hirschmann BAT-Planner pro. Damit kann eine detaillierte Planung erstellt werden, die auch die Dämpfung der Wände, die Ausrichtung der Antennen, die Berechnung über mehrere Stockwerke hinweg oder die Vermeidung von Interferenzen bzw. Störungen der APs untereinander umfasst. Wer bereits Netzwerkexperte ist, aber sich noch nicht detailliert mit WLAN auskennt, dem bietet Hirschmann ein Schulungsprogramm an, mit dem man sich zum zertifizierten WLAN-Experten ausbilden lassen kann.

Fazit
Der Einsatz von WLAN bietet - vom Kabelersatz bis hin zu mobilen Anwendungen - zahlreiche Vorteile, mit denen zudem die Lebensdauer der Anlagen erhöht und Kosten reduziert werden. Insbesondere in industriellen Anlagen muss das drahtlose Netz allerdings professionell geplant werden. Dies ist letztlich nur qualifizierten und erfahrenen Technikern möglich. Neue Software-Tools bieten den Einstieg in die Planung bereits für nicht-Profis und unterstützen den gesamten Ablauf eines Wireless-Projektes. So wird die Hemmschwelle für den Einsatz der neuen kabellosen Techniken gesenkt.