IEN D-A-CH: Delta ist ein führender Anbieter von Produkten und Lösungen für die Automatisierung. Wo geht die Entwicklung hin?
Andy Liu: Unsere jüngste und überaus vielversprechende Entwicklung ist die SCARA Robot Solution. SCARA steht für Selective Compliance Assembly Robot Arm. Die SCARA-Gelenkarmroboter sind in der Automatisierungsindustrie weit verbreitet, etwa in der Elektrokomponentenfertigung, Nahrungs- und Getränkeverpackung, Gummi- und Kunststoffherstellung und vielen mehr. Die großen Erzeugerländer, insbesondere China, stehen heute vor der Herausforderung, dass die Löhne jedes Jahr im Durchschnitt um zehn Prozent steigen. In der Vergangenheit haben sich die Hersteller noch damit arrangiert, dass die niedrigen Lohn- und Materialkosten mit niedriger Produktivität einhergehen. Doch Chinas Kostenvorteil schwindet mehr und mehr. Gleichzeitig treten neue Niedriglohnländer in Südostasien als Konkurrenten auf. Die meisten Hersteller reagieren darauf mit dem verstärkten Einsatz von Industrierobotern. Delta ist ein Hersteller von elektronischen Komponenten und setzt Roboter in der eigenen Produktion ein. Bevor wir unsere neuen SCARA Roboter auf den Markt gebracht haben, hatten wir diese in unseren eigenen Fabriken in Taiwan und China eingesetzt und getestet. Durch diese Erfahrung im eigenen Haus verstehen wir unsere Kunden besser und haben viel Anwendungswissen gesammelt. Desweiteren führen wir unser neues Energiemanagementsystem (IEMS) in unseren Fabriken ein. Der Gründer und ehemalige Vorsitzende und heutige Ehrenvorsitzende von Delta, Bruce Chen, forderte bereits 2009 von allen Managern, in unseren Büros und Fabriken den Energieverbrauch jedes Jahr um zehn Prozent zu senken. Wir von der IABG haben dieses Ziel bislang jedes Jahr erreicht und viel Know-how gewonnen, um den Energieverbrauch von Produktionsanlagen zu senken. Davon profitieren nun auch unsere Kunden.
IEN D-A-CH: Die Zukunft wird eine hochautomatisierte und vernetzte Welt sein. Welche Lösungen steuert Delta zur Industrie 4.0 bei?
Liu: Wenn wir über Industrie 4.0 sprechen, denken wir an cyber-physical Systeme, welche die smarte Produktion und das Internet der Dinge überziehen. Delta liefert hierfür wesentliche Komponenten wie Sensoren, Roboter und Software, um technische Prozesse zu steuern und zu überwachen. Nachdem wir bereits unsere Roboterlinie auf den Markt gebracht haben, konzentrieren wir uns nun auf Sensoren und SCADA, um Komplettlösungen für die smarte Produktion bereitstellen zu können. Zudem integrieren wir unser Energiemanagementsystem IEMS, um noch energieeffizientere Automatisierungslösungen weltweit anzubieten - auch auf dem deutschen Markt.
IEN D-A-CH: Welche Branchen beliefert Delta primär?
Liu: Unsere Kunden kommen ganz überwiegend aus drei Branchen: Maschinen-Automatisation, Fabrik-Automatisierung und Prozess-Automatisierung. Unser Ausgangspunkt war die Maschinen-Automatisation, wo wir besonders stark in der Smartphone- und Textilienherstellung sind. Servo-Antriebe, Servomotoren und Bewegungs-Controller zählen zu unseren am meisten verkauften Produkten. Für den Bereich Fabrik-Automatisation liefern wir Roboter, Visualisierungslösungen und für die Prozess-Automatisation bieten wir Energieeffizienzlösungen an. Unsere globale Wachstumsstrategie schließt Europa mit ein, insbesondere Deutschland, Italien, Spanien und Österreich. In Italien haben wir gerade eine neue Niederlassung bezogen, um dem starken Wachstum der Maschinen-Automatisation Rechnung zu tragen.
IEN D-A-CH: Sie sind Leiter Marketing und Verkauf. Welche Entwicklung sehen Sie in Ihrem Bereich?
Liu: Vor fünf Jahren waren wir ein Komponenten-Anbieter mit einem großen Programm an hocheffizienten Automatisierungsprodukten für den Weltmarkt. Heute sind wir ein internationaler Anbieter von Automatisierungs-Lösungen, der seinen Kunden immer mehr zusätzliche Dienstleistungen und Vorteile bietet. Das ist heute der Trend auf den globalen Märkten.
IEN D-A-CH: Was sind Ihre wichtigsten Märkte, und welche sind mit Blick auf die Zukunft die vielversprechendsten?
Liu: Die Zentrale von IABG ist in Taiwan. Und wir stehen auch fest zu unserem Heimatmarkt Taiwan und China. Von dort aus sind wir nach Südostasien, Indien, Nahost und Afrika aufgebrochen. Das sind Märkte mit einer stark wachsenden Maschinennachfrage, vor allem nach Basisgerätschaften, -lösungen und -technologien. Diese Kunden werden mit ihrer Nachfrage in Taiwan, China und Korea fündig. Unsere geschäftlichen Erwartungen an diese Länder sind entsprechend hoch. Delta ist aber auch auf den europäischen Märkten mit ihrer starken Nachfrage nach hochentwickelten Produkten gut positioniert. So wie unsere Geschäfte in Italien und anderen europäischen Ländern boomen, lernen wir schnell über Industrietrends und Kundenbedürfnisse.
IEN D-A-CH: Belastet die schwache wirtschaftliche Entwicklung der EU Ihr Geschäft?
Liu: Ganz ehrlich: Die Abwertung des Euros um zeitweise 20 Prozent ist schon ein ernstes Thema. Das bedeutet, dass unsere europäischen Wettbewerber ihre Produkte zu niedrigeren Preisen und damit wettbewerbsfähiger anbieten können. Andererseits müssen die europäischen Anbieter viele Produkte aus China, Asien, den USA und anderen Ländern teurer einkaufen. Das relativiert den Kostenvorteil der Euro-Abwertung. Somit hat das Ganze dann doch keine so große Wirkung auf die Absatzstrategie von Delta. Außerdem verfolgen wir eine langfristige Wachstumsstrategie und keine kurzfristige Gewinnmaximierung. Wir sind und bleiben in Europa, und wir sind zuversichtlich, dass Europa schon bald aus seiner Wirtschaftsschwäche herausfindet und auf Wachstumskurs geht.
IEN D-A-CH: Herr Liu, vielen Dank für das Gespräch.